Absage an das Wechselmodell als Leitbild

Der Artikel erschien am 6.9.2023 auf welt.de

Acht Jahre und 1,3 Millionen Euro später liegt die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ des Familienministeriums vor. Sie zeigt, wie Trennungskinder von einer gesunden Beziehung zu beiden Eltern profitieren – auch wenn die sich die Betreuung nicht hälftig teilen. Väter sprechen von Manipulation.

Es gibt wenig wissenschaftliche Arbeiten, deren Entstehung mit so viel Emotionen begleitet wurde wie die 2015 vom Bundesfamilienministerium beauftragte Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“. Nicht ohne Grund, denn im Mittelpunkt der Untersuchung stand die Frage, in welcher Betreuungssituation Trennungskinder am glücklichsten aufwachsen können: mit einem klaren Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil? Oder bei geteilter Betreuung durch beide Eltern im sogenannten Wechselmodell, bei dem die Kinder zu annähernd gleichen Anteilen zwischen beiden Haushalten pendeln?

Eine Fragestellung, über die in vielen Trennungsfamilien erbittert gestritten wird – die aber immer relevanter wird in einer Zeit, in der jedes vierte Kind nicht mehr mit beiden leiblichen Eltern aufwächst.

Unter einem guten Stern stand die Studie nie. Schon kurz nach dem Start kamen Manipulationsvorwürfe gegen das Ministerium auf, weil nach Protesten von Interessengruppen das Studiendesign so geändert wurde, dass nur noch Kinder befragt werden konnten, bei denen beide Sorgeberechtigten zugestimmt oder zumindest keinen Widerspruch dagegen eingelegt hatten.

Ausgerechnet Kinder aus stark zerstrittenen Trennungsfamilien konnten deshalb nicht gehört werden. Der Tod eines der Studienleiter, Franz Petermann von der Uni Bremen, und ein Gerichtsverfahren nach Einwänden des Datenschutzbeauftragten verzögerten das Vorhaben weiter. Schließlich wurde die Studie unter Hinzuziehung von Sabine Walper, der Chefin des Deutschen Jugendinstituts (DJI), doch noch fertiggestellt…

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