



Autorin: Judith Goetz, erschienen in AEP-Informationen, feministische Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, Heft 2/2013
Im März dieses Jahres titelten beinahe alle österreichischen Tageszeitungen damit, dass im vergangenen Jahr im Rahmen von Eingangskontrollen an österreichischen Gerichten 528 Schusswaffen und 49.037 Hieb- und Stichwaffen sichergestellt worden sind. Mit aller Deutlichkeit wurde in der Berichterstattung betont, dass vor allem an Bezirksgerichten, zu deren Zuständigkeit auch Obsorge- und Besuchsrechtsfälle zählen, auch unbewaffnete Besucher immer wieder für gefährliche Situationen, wie Gewalt- oder sogar Morddrohungen sowohl gegen Beteiligte im Verfahren, aber auch RichterInnen, sorgen würden. Wenngleich es gänzlich falsch wäre, diese Vorkommnisse der österreichischen Väterrechtsbewegung zuzuschreiben, zeigt sich doch, mit welcher Vehemenz und welchen Mitteln und Methoden Väter hierzulande versuchen, ihre Anliegen durchzusetzen bzw. wird das gesellschaftliche Klima deutlich, in dem sich die sogenannten Obsorgestreitigkeiten und -debatten, die bis heute maßgeblich von Väterrechtlern mitbestimmt worden sind, ausgefochten werden. Es stellt sich also die Frage, wie es um die österreichische Väterrechtsbewegung bestellt ist, wie sie ihre Anliegen durchsetzen kann und auf welche Unterstützung sie dabei auch aufbauen kann.
Wenngleich diverse Feministinnen, wie beispielsweise die breite Plattform 20.000 Frauen, die sich anlässlich des 100. Jubiläums des internationalen Frauentags gegründet hat, bereits seit einigen Jahren auf die Gefährlich- und Bedrohlichkeit sogenannter Männer- oder Väterrechtler hinweisen, scheint es in Österreich sowohl um die Forschung als auch um die Auseinandersetzung mit diesen Gruppierungen und Bewegungen noch äußerst schlecht bestellt. Obwohl insbesondere anlässlich der Debatten rund um die neue Obsorgeregelung einige kritische Stimmen lauter wurden, die auf die bedenkliche Bedeutung österreichischer Väterrechtler in dem Gesetzesänderungsprozess hinwiesen und auch in diversen Zeitungen und Zeitschriften kritische Kommentare veröffentlicht wurden, fehlt eine tiefgründigere Beschäftigung mit der Thematik hinsichtlich der Organisierung und Vernetzung, der ideologischen Hintergründe sowie ihrer Methoden und Überschneidungen zur (extremen) Rechten gänzlich. Zu den wenigen Ausnahmen in der Auseinandersetzung zählt beispielsweise auch die Mobilisierung eines breiten antifaschistischen und antisexistischen Bündnisses anlässlich der internationalen „Daddy’s Pride“ 2010 in Wien, Aktionen der oben genannten Plattform, Schwerpunkte feministischer Zeitschriften, wie der an.schläge oder der AEP-Informationen, sowie vereinzelte Tagungen oder Veranstaltungen und Veranstaltungsreihen. Anders verhält es sich in Deutschland, wo in den letzten Jahren einige umfassendere Studien erschienen. Zu nennen ist an dieser Stelle vor allem Thomas Gesterkamps 2010 in der Friedrich Ebert Stiftung erschienene Studie „Geschlechterkampf von Rechts – Wie Männerrechtler und Familienfundamentalisten sich gegen das Feindbild Feminismus radikalisieren“, Andreas Kempers Einführung „[r]echte Kerle. Zur Kumpanei der MännerRECHTSbewegung“ (2011) und der vom selben Autor herausgegebene Sammelband „Die Maskulisten. Organisierter Antifeminismus im deutschsprachigen Raum“ (2012) sowie Hinrich Rosenbrocks von der Heinrich Böll Stiftung veröffentlichte Studie „Die antifeministische Väterrechtsbewegung. Denkweisen, Netzwerke, Online-Mobilisierung“. Aber auch in diesen profunden Auseinandersetungen wird kaum bis kein Bezug auf Österreich genommen. Nun mögen die Gründe hierfür vielfältige sein, wie beispielsweise das große Unwissen bzw. unzureichende oder diffuse Kenntnisse über die Inhalte dieser Bewegungen, die weniger große Betroffenheit oder das geringe Interesse für Elternschaftsthemen bzw. Obsorgedebatten und nicht zuletzt auch das immer wieder angeführte Argument, dass jenen Gruppierungen dadurch mehr Aufmerksamkeit zukommen würde als ihnen eigentlich zusteht bzw. sie in der Gesellschaft bekommen. So mag es zwar richtig sein, dass die meisten Väterrechtsgruppierungen in Österreich bislang noch nicht von Anhänger(Inne)n überrannt werden, jedoch darf (und muss) ihr politischer Einfluss bzw. ihre Wirkungsmacht nicht unterschätzt werden. Dieser Einfluss beruht nämlich, wie sich zeigen wird, nicht nur auf der großen Unterstützung, die Väterrechtler hierzulande von der ÖVP und FPÖ bekommen, sondern vor allem auch auf der Hartnäckigkeit, mit der die Protagonisten versuchen, mediale/öffentliche Debatten zu beeinflussen sowie auch ihrer guten Vernetzung. Zudem stellen einzelne Anhänger und Gruppierungen, die nicht davor zurückschrecken, politische GegnerInnen, ExpartnerInnen oder auch VertreterInnen österreichischer Behörden massiv einzuschüchtern, zu bedrohen und anzugreifen, auch eine reale Bedrohung dar. Gerade deshalb scheint auch die Auseinandersetzung mit diesen Gruppierungen schlichtweg notwendig.
Die Väterrechtsbewegung, wie wir sie heute in Österreich kennen, ist erst wenige Jahre alt. Sogenannte Männerrechtler hatten zwar bereits in den USA in den 1970ern angefangen sich zu organisieren, wobei es anfänglich unterschiedliche Strömungen gab, zu denen beispielsweise in Deutschland in den 1970ern auch eine profeministische Männergruppenszene zählte. Zunehmende Institutionalisierung und Entpolitisierung sowie die Frage, wie sich gegenüber Maskulisten zu verhalten, hatten jedoch auch im deutschsprachigen Raum zu einem Erstarken von Männerrechtlern und Maskulisten geführt, aus denen ab den 1990ern auch väterrechtsbewegte Gruppierungen hervorgingen. In Österreich findet man heute ein unübersichtliches Geflecht an Väterrechtsorganisationen vor, die nicht nur immer mehr werden, sondern sich auch zunehmend besser vernetzen. Zu den bekanntesten zählen u.a. „Väter ohne Rechte“, die u.a. ein Gassenlokal im 20. Bezirk in Wien betreiben, „Vaterverbot“ sowie die österreichische „Männerpartei“, aber auch kleinere, vor allem in den Bundesländern beheimatete Vereine wie „Kindergefühle“, „Im Namen elterlicher Verantwortung“ oder „Papa gib Gas“, die versuchen, ihre Anliegen voran zu treiben. Ein Teil dieser genannten Organisationen hat sich erst kürzlich in einer österreichischen „Väterplattform“ zusammengeschlossen, die sich laut Eigenangaben an „den familienbezogenen Menschenrechten, insbesondere am Recht auf Familienleben“ orientiert. So zeigt sich, dass die Anliegen von Väterrechtsgruppierungen hierzulande wie auch in den meisten anderen europäischen Ländern auf den ersten Blick durchwegs harmlos erscheinen.
Werden die Anliegen jedoch genauer unter die Lupe genommen zeigt sich sehr schnell, dass beispielsweise hinter der oft anzutreffenden Forderung nach „wahrer Gleichberechtigung“ oftmals die Vorstellung von einer vermeintlich „natürlichen“ Verteilung von Macht zwischen den Geschlechtern steht. Das bedeutet nichts anderes als eine klassische Rollenverteilung, der ein biologistisches Verständnis der vermeintlichen natürlichen Aufgaben von Männern und Frauen in dieser Gesellschaft zugrunde liegt. Der Staat würde sich ohnehin viel zu sehr in die Angelegenheit bzw. die Aufgabenverteilung zwischen Männern und Frauen einmischen, und so richten sich auch österreichische Väterrechtler gegen vermeintliche staatliche Bevormundung bzw. öffentliche Institutionen. In diesem Sinne heißt es bei „Väter ohne Rechte“ beispielsweise:
„Der Staat mischt sich in unsere Angelegenheiten ein. Er schreibt vor, wann wir unsere Kinder sehen dürfen und wann nicht. Er bestimmt, wie wir unsere Lebenssituation nach einer Trennung zu gestalten haben und gibt Verbote für freie Vereinbarungen zwischen den Eltern aus. Durch das Prinzip der ‚Anspannung’ hat man nicht einmal mehr eine freie Berufswahl oder die Möglichkeit einer Ausbildung. Staatliche Einrichtungen, wie etwa die Jugendwohlfahrt (Jugendamt) sind keine Serviceeinrichtungen für Eltern, sondern Verhinderungsämter, die Eltern und Großeltern vorschreiben, wie sie zu sein haben, oder verhindern, dass sie ihre Kinder sehen.“
So wird auch insbesondere die Bedeutung der biologischen Rolle von Vätern immer wieder in den Vordergrund gestellt und ihre Wichtigkeit mit Argumenten wie „Buben dürfen nicht Müttern und Lehrerinnen allein überlassen werden“ untermalt, da es durch die Abwesenheit der Väter und damit auch männlichen Vorbildern zu einer „väter- und männerlosen“ Erziehung kommen würde, die die Burschen verweichlichen und verweiblichen lässt. Zudem wären höhere Kriminalität, Anfälligkeit für Drogen und dergleichen die Folge. Dass die Qualität der Beziehung, die Kinder zu ihren Bezugspersonen haben, viel bedeutender ist als die biologische Elternschaft, wird dabei ebenfalls außer Acht gelassen. Auch stellt sich bei der genaueren Betrachtung der Forderungen die Frage, ob es den aktuellen Väterrechtlern wirklich so sehr um „ihre Kinder“ geht. Sie geben vor, „Väter, die keine Besucher sein wollen“ zu sein, in Wirklichkeit geht es ihnen aber großteils um die finanzielle Absicherung beziehungsweise Besserstellung des Vaters, und das wohl klarerweise auf Kosten derer, die momentan angeblich „zu viel“ bekommen würden. So empört sich „vater“ auf der Webseite von „Vaterverbot“ darüber, dass „Unterhaltsforderungen gegen Väter gerichtet werden können, auch wenn deren Existenzminimum unterschritten wird“. Es ist auch von „Zwangsarbeit“ die Rede, wenn Väter zu Unterhaltszahlungen gezwungen werden. Weiters wird beklagt, dass ein „unterhaltspflichtiger Vater, der in Karenz geht, „… von den Gerichten finanziell ermordet“ würde. Summa summarum: Aus dieser Perspektive sind Väter macht- und mittellos. Als die eigentlichen Scheidungsopfer würden die Väter nicht nur finanziell von Frauen ausgebeutet, auch der Staat begrenze ihren Wirkungsbereich, indem er ihnen die Macht entziehe, über ihre Kinder zu bestimmen und zu verfügen. Auch was in Bezug auf Frauen oftmals als Doppelbelastung (Vereinbarkeit von Beruf und Familie) bezeichnet wird, wissen die armen Väter zu überbieten, indem beispielsweise beim Verein „Vaterverbot“ von einer „verschärften Dreifachbelastung (Unterhalt, Beruf, Zeitaufwand zur Kinderbetreuung) der Väter“ die Rede ist. Auch die Forderung nach der Doppelresidenz von Scheidungskindern, die in der neuen Obsorgeregelung glücklicherweise verhindert werden konnte, zielt letztendlich auf finanzielle Entlastungen für Väter ab, denn wenn Kinder keinen hauptsächlichen Aufenthaltsort mehr haben und offiziell gleichermaßen bei beiden Eltern wohnen, müssen Väter auch keinen Unterhaltsforderungen mehr nachkommen, egal, wie viel Zeit die Kinder de facto bei ihren Vätern verbringen. Aber auch in Bezug auf Rollenbilder haben die engagierten Väter einiges zu sagen. Im Wahlprogramm der Männerpartei hieß es 2010 noch: „Jeder Mann muß die Wahlfreiheit zwischen einer traditionellen Rolle, wie der des Ernährers oder Beschützers, und eher modernen Rollen, wie der des Betreuers, haben.“ Ob Frauen dabei auch etwas mitzureden haben, bleibt fraglich, schließlich wehren sich die Väter gerade gegen diese äußeren „Zwänge“. Nach Scheidungen litten außerdem vor allem die Söhne, da ihnen die männlichen Vorbilder fehlten. „Als männliche Bezugspersonen gibt es dann nur Spiderman und Josef Hickersberger. Das kann man unseren Buben nicht zumuten.“ Außerdem müsste es weniger Lehrerinnen und mehr Lehrer geben und Vaterschaftstests für alle müssten eingeführt werden, weil bislang nur die Mütter entscheiden dürften, wer der biologische Vater eines Kindes sei (um diese dann wiederum auszubeuten, kann angenommen werden). Dass ohnehin nur bei verheirateten Paaren der Ehemann automatisch zum Vater wird, wird bei der Selbstinszenierung außer Acht gelassen. Kaum verwunderlich also, dass Gründer der „Männerpartei“, Oliver Peter Hoffmann, bei einer Demonstration skandierte, Männer seien immer die Schuldigen. Es reiche eine mögliche Gefährdung, um einen Vater aus der Familie zu entfernen. Daraus kann wohl abgelesen werden, dass auch gewalttätige Väter ihre Kinder sehen sollten, was wahrscheinlich sowieso gut so ist, da für die Väterrechtler auch klar ist, dass Gewalt in Wirklichkeit von Frauen ausgeht. So echauffieren sich Väterrechtler außerdem darüber, dass sich Gewaltpräventionskampagnen wie „Verliebt. Verlobt. Verprügelt.“ im Vorfeld der Herren-Fußball-Europameisterschaft gegen Männer und Väter richten würden. Unter dem Titel „Wussten Sie …, dass unser Frauenministerium Millionen in männerfeindliche Werbung steckt?“ belegen sie mit einschlägigen „Studien“, dass mehr als 50 Prozent der häuslichen Gewalt von Frauen ausgehen würde, wohingegen 75 Pozent der SelbstmörderInnen Männer wären. So luden auch „Väter ohne Rechte“ im März dieses Jahres zu einem Vortrag unter dem Titel „Gewalt ist nicht männlich – Warum der Feminismus unrecht hat“ ein. Mit falschen Zahlen wird ein Opferdiskurs geschaffen, der männliche Gewalt gegen Frauen und Kinder gänzlich ausspart, und damit auch eine Täter-Opfer-Umkehr betrieben. Nicht selten wird auch versucht, Gewalt gegen Mütter und Gewalt gegen Kinder als zwei getrennt behandelbare Konflikte darzustellen und dabei zu negieren, dass Gewalt gegen Mütter sehr wohl auch Kinder betrifft und selten alleine auftritt. So heißt es beispielsweise auch auf der Homepage der „Männerpartei“ in einer Presseaussendung der „Väterplattform“, als deren Sprecher sich auch Parteiobmann Oliver Peter Hoffmann auftut: „Gewaltschutz ist mehr als Frauenlobbying. Kinder sind nicht automatisch vor familiärer Gewalt geschützt, wenn sie bei der Mutter sind. Ein Grossteil des Kindesmissbrauchs geht vom neuen Freund oder von der Mutter selbst aus. Wer Obsorgeverfahren gesetzlich mit einem einseitigen Schutz der Frauen vor familiärer Gewalt verknüpfen will, beschädigt das Kindeswohl. Die jüngsten Forderungen der Frauenhäuser sind daher entschieden abzulehnen.“
Väterrechtler schaffen es dabei, sich als Opfer nahezu jeder Lebenslage zu inszenieren, sei es im Bildungswesen, am Arbeitsmarkt, beim Staatsdienst, im Scheidungsrecht, im Gesundheitswesen oder in den Medien. „Um ihre Forderungen vertreten zu können, müssen sich die Männerrechts-Verfechter den Fakten stellen, die normalerweise herangezogen werden, um auf männliche Macht und Privilegien zu verweisen, und diese neu formulieren. Dementsprechend wird die Tatsache, dass Männer das Geld verdienen, umgewandelt in die Tatsache, dass Männer mit der Ernährer-Rolle belastet sind und Frauen das Geld ausgeben; die Tatsache, dass Männer Pornographie benutzen und Prostituierte aufsuchen, wird transformiert in die Tatsache, dass Männer durch diese Erfahrung gedemütigt werden; die Tatsache, dass Männer politische Ämter bekleiden, wird zur Tatsache, dass Frauen entweder diese Männer kontrollieren oder sich vor der Verantwortung drücken; die Tatsache, dass Männer Frauen vergewaltigen ,wird zur Tatsache, dass Frauen Männer ablehnen; und so weiter bis zu einem absurden Grad.“ (Clatterbaugh 1990, 82 zit. nach Kemper 2011, 17) So haben auch Väterrechtler begriffen, dass der Hinweis auf Benachteiligung sowie das Einfordern von Rechten ein potentiell sehr wirkungsmächtiger Diskurs ist, mit dem sich Aufsehen erregen lässt. Indem immer wieder behauptet wird, dass die Benachteiligung von Männern kein Thema in den Medien wäre, wird genau dieser Opferdiskurs inszeniert und propagiert. Dabei wird immer versucht, mit vermeintlichen Tabubrüchen und Diskursen, die sich gegen politische Korrektheit (PC) richten, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass es sich bei den meisten inszenierten Tabubrüchen in der Regel gar nicht um solche handelt, da gerade Sexismus, Rassismus oder Homophobie in dieser Gesellschaft keine Tabus im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr tief und fest verankert in der Mitte der Gesellschaft sind. So wird beispielsweise auch versucht, fortschrittliche Forderungen und Errungenschaften für Frauen als vermeintlich „politisch korrekten“ Schwachsinn abzutun und gleichzeitig frauenfeindliches Gedankengut zu normalisieren. So fungieren diese Herangehensweisen nicht zuletzt auch als eine Art männliche Legitimationstrategie zur Aufrechterhaltung männlicher Macht und zur Wahrung männlicher Privilegien, so dass von einem antifeministischen Backlash gesprochen werden kann. Dennoch scheint es Väterrechtlern damit immer wieder zu gelingen, Aufmerksamkeit zu bekommen und ihre Anliegen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So sind Väterrechtler mit ihrem politischen Lobbying durchwegs erfolgreich.
Anhand der ausgewählten Beispiele zeigt sich deutlich, dass von der Vorläuferin der Väterrechtsbewegung, der Männerbewegung, die Anfang der 1970er-Jahre entstand und bei der es um eine profeministische und kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit und Patriarchat ging, nichts mehr übrig ist.
Neue oder alternative Familien- oder Elternschaftskonzepte abseits von sexistischen bzw. heterosexistischen Normen, wie dem klassischen Vater-Mutter-Kind-Modell, wird mensch in den Kreisen von väterrechtsbewegten Gruppen nicht finden. So setzen sich die besagten Väter auch kaum bis gar nicht für bessere Kinderbetreuungseinrichtungen oder den Ausbau der Väterkarenz ein. Zudem wird in den Diskussionsforen von österreichischen Väterrechtsinternetseiten auch immer wieder gegen das aktuelle Scheidungsrecht mobil gemacht oder beispielsweise auch Abtreibung abgelehnt bzw. ein Mitbestimmungsrecht des Mannes gefordert. Gerade bei diesen Beispielen wird deutlich, worum es den meisten Väterrechtlern eigentlich geht: die Aufrechterhaltung und Ausweitung der Kontrolle über Frauen, insbesondere ihrer Ex-Partnerinnen. So will beispielsweise „Vaterverbot“ Frauen gänzlich die Möglichkeit nehmen, mit ihren Kindern ohne Zustimmung des Vaters einen Wohnortswechsel vorzunehmen.
Es zeigt sich also, dass antifeministische Denkweisen auch im 21. Jahrhundert noch allgegenwärtig sind und Antifeministen bis heute versuchen, Gleichstellungsdebatten zu beeinflussen, zu behindern und die feministischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte rückgängig zu machen bzw. den Feminismus als solchen zu bekämpfen. Sie imaginieren dabei eine feministische Vorherrschaft in der Gesellschaft, die Mädchen und Frauen bevorteile, sodass nun Buben und Männer die eigentlichen benachteiligten Opfer wären, und versuchen diese vermeintliche männliche Opferrolle in den öffentlichen Diskurs zu bringen. Antifeminismus als politische Strategie gegen Theorien und Politiken zugunsten der Gleichstellung der Geschlechter hat auch im deutschsprachigen Kontext eine lange Tradition. Seit dem Aufkommen der Frauenbewegungen gibt es Männer, die sie bekämpfen, und das – wie sich anhand bestimmter Väterrechtler zeigt – bis heute. So will beispielsweise die österreichische „Männerpartei“ bei den nächsten Nationalratswahlen gegen den „menschenfeindlichen Feminismus“ antreten. Insbesondere in Internetforen und Blogs unter dem Schutz der Anonymität scheinen auch österreichische Väterrechtler immer aggressiver ihre Anliegen deutlich zu machen. Nicht selten vermischt sich das antifeministische Gedankengut auch mit anderen – sexistischen, homophoben, rassistischen und antisemitischen – Denkweisen, so dass Überschneidungen dieser Gruppierungen zur parteiförmigen extremen Rechten sowie auch zu anderen rechtsextremen Gruppierungen kaum verwundern
Obgleich sich die meisten österreichischen Väterrechtsorganisationen als parteiunabhängig, überparteilich, teils auch unpolitisch oder zumindest weit in der gesellschaftlichen Mitte verankert präsentieren wollen, und sie dabei ja auch tatsächlich großen Zuspruch finden, zeigen sich bei genauerer Betrachtung sehr wohl bestimmte Allianzen. Während beispielsweise anfänglich keine einzige überparteiliche Frauenorganisation zu den Gesprächen über die Gesetzesnovelle in Bezug auf die gemeinsame Obsorge eingeladen wurde, ging die Initiative dafür sogar von Väterrechtlern aus, und Vertreter der Bewegung waren durch ihre guten Verbindungen zur ehemaligen Justizminiserin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) von Anfang in der zugehörigen Arbeitsgruppe. Dieser „gute Draht“ wurde auch von Nachfolgerin Beatrix Karl (ÖVP) vor allem mit dem politischen Anliegen, dass „Familien wieder mehr in die Verantwortung gezogen werden müssen“, fortgesetzt. Bis heute fungiert jedoch die FPÖ als die wichtigste Bündnispartei für die österreichischen Väterrechtler. Die Formen der Zusammenarbeit sind dabei vielfältig. Beispielsweise greifen einzelne FPÖ-Politiker Anliegen der österreichischen Väterrechtsbewegung auf und bringen diese in politische Debatten ein, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass das freiheitliche Familienbild durchwegs mit den Vorstellungen österreichischer Väterrechtler übereinstimmt. So wurden im Zuge der Obsorgedebatten auch von der FPÖ Väterrechtler als Experten in die zuständigen Arbeitsgruppen nominiert. Zudem betreibt auch der freiheitliche Parteiklub eine vermeintlich „unabhängige“ Plattform mit dem Namen „Trennungsopfer“ (www.trennungsopfer.at). Diese Seite wurde vom FPÖ- Mandatar und stellvertretenden Parteiobmann, der auch zu H.C. Straches „glorreichen Sieben“ zählt, ins Leben gerufen und tritt vor allem mit Diskussionsveranstaltungen im freiheitlichen Parlamentsclub an die Öffentlichkeit. Vor ca. einem Jahr sorgte auch ein E-mail mit einem Dossier zum Thema „Das Netzwerk der Kinderschänder“ für Aufsehen, da es von Thomas Tayenthal aus dem Freiheitlichen Parlamentsclub aus verschickt wurde und darin zahlreiche prominente Persönlichkeiten, wie beispielsweise Heinz Fischer, mit verurteilten Sexualstraftätern in Verbindung gebracht werden. Tayental selbst ist der Betreiber der Webseite „Trennungsopfer“ und immer wieder Vortragender auf Väterrechtsveranstaltungen. Zuvor hatten Väterrechtler auch mit dem inzwischen mehrfach aus der Partei ausgeschlossenen Karlheinz Klement zusammengearbeitet, der beispielsweise wegen Äußerungen wie „Homosexualtität als Kultur des Todes“ aufgefallen war. Die Verbindungen österreichischer Väterrechtler reichen aber auch hin bis zum BZÖ, und so ist Martin Stiglmayr von „Väter ohne Rechte“ inzwischen Büroleiter des Bürgeranwaltsbüros von Ewald Stadler. Norbert Hofer wiederum machte sich auch durch eine Selbstanzeige im Zuge der Ermittlungen wegen §278b gegen einzelne Väterrechtler für diese stark. Herwig B., der im Zuge dieser Ermittlungen für andere Delikte verurteilt wurde, betrieb auch das Forum www.genderwahn.com, das heute aufgrund von wiederholten Verstößen gegen bestehende Gesetze nicht mehr online ist, jedoch lange Zeit durch rechtsextreme, frauenfeindliche Inhalte, die von Usern wie „Frauenhausjäger“ oder „Volks“ gepostet wurden, auffiel. Die Drohungen, Verleumdungen und Diffamierungen werden nun auf der Website www.justizdebakel.com fortgesetzt, wo ebenfalls zutiefst antidemokratische und frauenfeindliche Inhalte veröffentlicht werden, wie beispielsweise eine Auflistung der Adressen aller Wiener Frauenhäuser.
So hat sich nicht nur gezeigt, wie es um die Väterrechtsbewegung hierzulande bestellt ist, sondern vor allem auch, dass es sich bei österreichischen Väterrechtlern keinesfalls um ein gesellschaftlich marginalisiertes Phänomen handelt, sondern im Gegenteil Akteure dieser Bewegung aktiv das politische Geschehen mitgestalten und so antifeministische Denkweisen und frauenfeindliche Inhalte über unterschiedliche Strategien in den politischen Diskurs bringen. Nicht zuletzt können sie sich dabei der Unterstützung von rechtskonservativen und rechtsextremen Parteien sicher sein. Der gemeinsame Nenner aller Beteiligten ergibt sich dabei vor allem aus dem Anliegen heraus, bestimmte Männlichkeitskonzepte sowie männliche Vorherrschaft aufrecht erhalten zu wollen. Schließlich gäbe es auch genug Möglichkeiten, sich aus einer profeministischen Perspektive mit Benachteiligungen auseinanderzusetzen, dabei jedoch auch die eigene Eingebundenheit in privilegierte Dominanz-Strukturen zu reflektieren und sich gemeinsam mit Feministinnen für eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen.
Judith Götz (Literatur- und Politikwissenschafterin. Arbeitsschwerpunkte: Rechtsextremismus, Gedenkpolitik und -kultur in Österreich, feministische/frauenpolitische Fragestellungen).
MARIAM IRENE TAZI-PREVE „Das Versagen der Kleinfamilie – Kapitalismus, Liebe und der Staat“
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Der Kampf um verlorene Machtpositionen durch die Familienrechtsreform der 1970er Jahre setzte schon Ende der 1980er Jahre im Rahmen der Väterrechtsbewegung wieder ein. In den 1990er-Jahren wurde der wissenschaftliche Schwerpunkt auf die Defizite im Familienverhalten von Vätern („the missing fathers“) durch die Aktivitäten der Väterbewegung zurückgedrängt. Diese lenken seither das Augenmerk primär auf die rechtliche Seite der Vaterschaft, die angeblich Väter nach der Trennung von der Kindesmutter benachteilige (Fthenakis/Textor 2002). In Deutschland forcierten dies vor allem WissenschaftlerInnen (Fthenakis 1985, 1988: Amendt 2006), in Österreich primär AkteurInnen aus den Bereichen Justiz und Politik.
Seit den 1990er Jahren haben sich Väter über Internetplattformen organisiert, die weiterhin beanstanden, dass die Kinder trotz der Möglichkeit des Sorgerechtes für beide Elternteile zumeist bei der Mutter bleiben und Vätern die alleinige Obsorge nur äußerst selten erteilt würde (Beispielsweise www.vaterverbot.at). Zur entsprechenden Stimmungsmache trugen auch zahlreiche Artikel in Zeitschriften bei. Ein Schwerpunkt der Zeitschrift „Spiegel“ im Jahr 1997 zum Thema „Die vaterlose Gesellschaft“ (Der Spiegel Nr. 47/1997) läutete die mediale Propagierung der Väter als angebliche
Opfer ein.
Neben der medialen führte die starke politische Lobbyarbeit für Scheidungsväter 2001 in Österreich zu einer Gesetzesänderung, die eine „Obsorge beider Elternteile“ für Scheidungskinder festlegte (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001. In Deutschland spricht man von der „elterlichen Sorge“), wobei mit dem Wohl des Kindes im Fall einer Trennung der Eltern argumentiert wurde. Von Seiten der Initiative „Recht des Kindes auf beide Eltern“ (Gegründet 1988 vom damaligen Anwalt und Gründer von www.vaterverbot.at Dr. Günther Tews) war beklagt worden, dass die Rechtsstellung der Väter nicht der veränderten sozialen Praxis einer zunehmen aktiv gelebten sozialen Vaterschaft
gefolgt sei und die Kinder in der Regel der Mutter zugesprochen würden.
Die Sorgerechtsgesetze sind seit deren Einführung allerdings umstritten. RechtsvertreterInnen von Müttern kritisieren, dass die Gesetzesnovelle zwar Rechte für Männer, aber nicht für Kinder gebracht habe. Auch nach der neuen Gesetzeslage leben Kinder nach wie vor meist bei ihren Müttern. Das Arbeitspensum der Mutter bliebe demnach gleich, ihre Rechte jedoch müsse sie nun teilen (Bayer 2006). Dieses Gesetz stärke also eine Väterposition, „ohne nach der Qualität von Vaterschaft zu fragen“ (Plattner 2011, 14). Auch wird daran gezweifelt, dass ein Kontakt zum Vater grundsätzlich das „Wohl des Kindes“ fördere, wie die juristische Diktion heute lautet. Es gäbe sehr wohl Gründe dafür, ihn zu verweigern – z.B. bei psychischer Beeinträchtigung oder Alkoholismus des Vaters und bei Gewalt gegen die Mutter und/oder die Kinder (Heiliger 2005).
Da es – im Unterschied zum deutschen – im aktuell gültigen österreichischen Gesetz nach der Scheidung kein Weiterbestehen des Sorgerechts beider Eltern ohne eine explizite gemeinsame Willenserklärung gibt, wurde der Ruf nach einer „echten Automatik“ laut. Konflikte gibt es auch um Besuchsrechte, also um die alltagstaugliche Gestaltung der Nachscheidungssituation. In Österreich wird derzeit eine verpflichtende gemeinsame Obsorge diskutiert, die der Regelung in Deutschland folgen soll. 2010 hat die Väterrechtsbewegung in Deutschland durchsetzen können, dass auch ein Vater, der niemals mit der Kindesmutter verheiratet war, ein Sorgerecht beantragen kann. In Österreich wurde dies für uneheliche Kinder, die derzeit in der alleinigen Obsorge der Mutter sind, nur andiskutiert. Die Mutter soll unter Androhung von Strafe auch bei einer außerehelichen Geburt die Obsorge des Vaters zulassen. Die ehemalige österreichische Ex-Justizministerin Bandion-Ortner gab allerdings zu bedenken, dass Mütter in diesem Fall den Vater nicht mehr angeben würden.
2007 leitete ich eine Untersuchung (Tazi-Preve et al. 2007), die der Frage nachging, warum so viele Väter nach der Trennung bzw. Scheidung von der Kindesmutter keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern haben. Es zeigte sich, dass dies vielfältige Gründe hat und nur bei einem Teil daran liegt, dass die Mutter den Kontakt zu den Kindern/dem Kind willentlich unterbindet. Die Gründe liegen, so hat sich in der qualitativen Befragung von ExpertInnen herauskristallisiert, im Wesentlichen in den folgenden vier Bereichen:
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Mariam Irene Tazi-Preve ist eine österreichische Politikwissenschaftlerin und Autorin. Als (Co-)Autorin oder Herausgeberin veröffentlichte sie sieben Bücher, darunter Mutterschaft im Patriarchat (2004), Väter im Abseits (2007) und Familienpolitik: nationale und internationale Perspektiven (2009). Im Frühjahr 2017 erschien ihr Buch Das Versagen der Kleinfamilie: Kapitalismus, Liebe und der Staat. Mit Motherhood in Patriarchy erschien 2013 auch eines ihrer Bücher für den englischsprachigen Markt.
Neben Büchern veröffentlicht Tazi-Preve wissenschaftliche Artikel, hält Vorträge in Europa und Nordamerika und ist Mitbegründerin der Online-Zeitschrift Bumerang. Zeitschrift für Patriarchatskritik.
Quelle: Wikipedia
Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass bei aufrechter häuslicher Gemeinschaft der Eltern und beiderseitiger Berufstätigkeit die Betreuung der Kinder und/oder die Hausarbeit nach wie vor überwiegend den Frauen obliegt und diese im Durchschnitt glaublich zwei Stunden täglich mehr Arbeitszeit für Haushalt und Kinderbetreuung aufwenden als ihre Männer. Daraus folgt, dass insbesondere jüngere Kinder mehr persönlichen Kontakt mit ihren Müttern haben und an die Alltagsversorgung durch die Mutter gewöhnt sind. Die Vorstellung, dass durch eine Trennung oder Scheidung der Eltern der Vater ohne weiteres Funktionen übernehmen kann, die bis zur Scheidung oder Trennung die Mutter wahrgenommen hat, ist weltfremd.
Zu berücksichtigen ist, dass eine Scheidung oder Trennung in der Regel wegen eines tiefgreifenden Zerwürfnisses stattfindet, das es den Eltern unmöglich macht, weiter miteinander zu leben. Häufig sind unterschiedliche Erziehungsvorstellungen und/oder finanzielle Fragen die Ursache dieses Zerwürfnisses. Die Vorstellung, dass es unter diesen Umständen Eltern möglich ist, in Fragen der Kindererziehung und/oder Verwendung finanzieller Mittel für die Kinder „an einem Strang zu ziehen“ ist daher gleichfalls völlig realitätsfern.
Aufgrund der Rechtslage nach der Familienrechtsreform 1978 wurde die Obsorge für Kinder nach Scheidung oder Trennung der Eltern demjenigen Elternteil übertragen, der das Kind in seinem Haushalt betreute. Aufgrund der eingangs erwähnten Gegebenheiten waren dies überwiegend die Mütter, für welche die Betrauung mit der alleinigen Obsorge in der Regel auch mit beruflichen Einschränkungen und Einschränkungen ihres Privatlebens verbunden war. Dennoch wurde die überwiegende Betrauung von Müttern mit der Obsorge nach einer Trennung oder Scheidung von betroffenen Vätern als „Machtverlust“ und vermeintliche Bevorzugung der Mütter erlebt.
Die Einführung einer Obsorge beider Elternteile nach Trennung oder Scheidung im Jahr 2001 hatte in Wahrheit nur den Zweck, den betroffenen Vätern das Erlebnis dieses „Machtverlusts“ zu ersparen, wobei die Obsorge beider Eltern zunächst auf einem „Einvernehmen“ der Eltern beruhen musste.
Auch hier zeigte allerdings die Praxis, dass selbst bei gemeinsamer Obsorge die hauptsächliche Betreuung bei der Mutter verblieb, die Väter daher die gleichen Rechte wie die Mütter hatten, aber weiterhin weniger Verpflichtungen und Einschränkungen.
Ab 2013 wurde das Gesetz zum Nachteil der Frauen weiter verbösert, indem es seither auch möglich ist, gegen den Willen eines Elternteils (gemeint: gegen den Willen der Mutter) eine Obsorge beider Elternteile anzuordnen. Obwohl das Gesetz vorsieht, dass hier im Einzelfall zu prüfen ist, ob diese Obsorge beider Elternteile dem Wohl des betroffenen Kindes besser entsprechen würde als die Obsorge durch einen Elternteil allein, ist es binnen kurzer Zeit üblich geworden, dass die Gerichte davon ausgehen – abgesehen von krassen Ausnahmsfällen – die Obsorge beider Elternteile als im Sinne des Kindeswohls gelegen anzusehen, wobei sie sich auf die psychologische Fachmeinung stützen, dass der Vater, dem die Obsorge nicht zusteht, das Interesse an seinen Kindern verlieren würde (?).
Überdies befürworten Psychologen und entscheiden Richter Besuchskontakte, die einer „Doppelresidenz“ zumindest nahekommen, bei „Einverständnis“ der Eltern kann auch völlig gleichteilige Betreuung vereinbart werden. Dies erscheint auch und vor allem als massive Verletzung des Kindeswohls, da es aus Kindern Pendler zwischen zwei Wohnsitzen macht.
Haben früher Kinder durch die Trennung der Eltern in der Regel den intensiven Kontakt zu einem Elternteil verloren, haben sie nunmehr nicht mehr die Möglichkeit, auch nur zu einem Elternteil eine stabile Beziehung und innige Bindung aufrecht zu erhalten.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es bei Personen, die zwischen 1978 und 2001 Kinder bzw. Jugendliche waren, also in der Zeit der Regelung der Familienrechtsreform 1978 und des angeblichen „Machtüberhangs“ der Mütter, keine auffallende Häufung psychischer Erkrankungen oder Störungen gibt. Inwieweit hingegen die gegen den Willen der Mutter erzwungene Obsorge beider Elternteile und Doppelresidenz die psychische Entwicklung, insbesondere die Bindungsfähigkeit der durch das KindNam- RÄG 2013 betroffenen Kinder beeinträchtigen wird, wird sich erst weisen.
Helene Klaar,1948 in Wien geboren, nach abgeschlossenem Studium der Rechtswissenschaften und ersten beruflichen Erfahrungen legt sie 1976 die Anwaltsprüfung ab und lässt sich als selbstständige Anwältin eintragen. Neben dem Miet- und Arbeitsrecht konzentriert sie sich in ihrer Wiener Kanzlei vor allem auf das Familienrecht. Mit dem Inkrafttreten der Familienrechtsreform 1976/78, in der das “patriarchalische” durch das “partnerschaftliche” Familienrecht ersetzt wurde, hat sich Helene Klaar im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit den Ruf erworben, in der Mehrzahl Frauen zu ihrem Recht zu verhelfen. Sie vertritt allerdings auch Männer, speziell dann, wenn sich diese ebenfalls in schwierigen Situationen befinden. Helene Klaar wurde 2004 für ihre “besonderen Verdienste um Frauen im Scheidungsfall” mit dem Wiener Frauenpreis ausgezeichnet. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.
Die familienrechtlichen Entwicklungen der letzten Jahre haben für Mütter die von den Kindesvätern getrennt leben zu gravierenden Veränderungen, Verunsicherungen und in konflikthaften Fällen zu Verschlechterungen und hoher Belastung geführt.
Frauen durchleben Schwangerschaft, Geburt und danach oft längere Karenzzeiten. Sie wählen berufliche Laufbahnen die ihnen am ehesten mit Kinderbetreuung und Familie vereinbar erscheinen. arbeiten Teilzeit, ziehen Beförderungen, berufliche Weiterentwicklungen und viele Arten der persönlichen Entfaltung nicht in Betracht um ihre Rolle als Mutter und Partnerin besser ausfüllen zu können.
Das Nicht-Anerkennen von weiblicher Leistung und weiblicher Spezifität ist keineswegs neu. Im Gegenteil es ist Fortsetzung , ja sogar Verschärfung des patriarchalen Prinzips der Verleugnung, Ausblendung und Entwertung, der Leistungen und Lebensrealitäten von Frauen.
Die Folgen auf psychologischer Ebene sind bekannt: Depression, Selbst- und Fremdentwertung, Ängste, Verzweiflung, Erschöpfung, Wut und Scham,…..
Vielfach erzählen betroffene Frauen die durch ihre Partner und Kindesväter Gewalt erfahren haben, dass Druck auf sie ausgeübt wird den Forderungen der Väter zu entsprechen. Mit Sätzen wie „Das was früher war ist hier nicht relevant – wir konzentrieren uns auf die Gegenwart.“ werden Frauen zum Schweigen gebracht.
Das Nicht ernst nehmen, ausblenden, ja sogar sanktionieren des Sprechens über Gewalterfahrungen ist für Opfer katastrophal. Es entsteht der Eindruck, dass ihnen nicht geglaubt wird, dass egal was sie erlebt haben, die Meinung des Täters immer wirkmächtiger ist.
Väter versuchen möglichst viel Kontaktrecht oder sogar das Doppelresidenzmodell gerichtlich zu erwirken um Kindesunterhalt zu sparen und möglichst viele machtvolle Einflussmöglichkeiten auf das weitere Leben ihrer Expartnerinnen zu haben. Besonders deutlich wird das wenn sie gar keine Zeit haben sich wirklich um die Kinder zu kümmern, auf jederzeitigen Abruf ihr Kontaktrecht haben möchten oder die Betreuung wieder, meist an andere Frauen, auslagern.
Die starke emotionale Betroffenheit von Müttern im Verfahren – es geht um ihre Kinder und ihr Leben mit ihnen, wird ihnen nicht selten zum Vorwurf gemacht. Es findet sich in gerichtlichen Protokollen eine eigenartige psychologische Bewertung von Frauen, während die Aussagen von Männern uninterpretiert beim „Wort genommen werden“.
Bei manchen derzeitigen Verläufen von Verfahren ist es ein Wunder, dass Frauen es überhaupt schaffen halbwegs ruhig zu bleiben. Eigentlich müssten sie laut aufschreien. Die Psychologisierung ist ein altbekanntes Mittel um die Positionen von Frauen zu schwächen, sie zu Infantilisieren und ihre Aussagen nicht ernst nehmen zu müssen.
Wenn die Gleichverteilung der Kinder und Familienarbeit ein Anliegen dieser Gesellschaft wäre müssten aktive politische und soziale Schritte unternommen werden damit Frauen und Männer sich nicht für die traditionelle Rollenverteilung entscheiden.
Solange die traditionellen Geschlechtsrollen in Österreich die vorrangigen Lebensformen sind, können die derzeitigen psychojuristischen Instrumente zu massivem Machtmissbrauch gegenüber Müttern und Kindern führen.
Das Verdrehen von Fakten zu ungunsten der Frauen (z.B. die sehr starke generalisierte Unterstellung, dass Mütter versuchen würden den Vätern die Kinder zu entziehen. Ich kenne vorrangig das Gegenteil – Mütter bemühen sich hartnäckig, Väter zu verstärktem Engagement zu bewegen)
Das Aufkündigen von Arbeitsteilungen die das Paar zu Beginn der Beziehung gemeinsam beschlossen hat – ohne angemessenen Ausgleich für die wegen der Familienarbeit finanziell/beruflich benachteiligte Partnerin.
Die Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen und Kinder oder in besonders schlimmen Fällen die Täter-Opferumkehr.
Die Abwertung und Missachtung der Verzweiflung von Frauen durch abwertende Psychologisierungen ihrer Gefühle.
Als letzten Punkt möchte ich die Belastung der Frauen und Kinder durch sehr lange andauernde Verfahren erwähnen. Nicht selten dauern familienrechtliche Verfahren mehrere Jahre und sind sie abgeschlossen können sie durch einen Neuantrag, eine Anzeige jederzeit wiedereröffnet werden. Ich denke, dass diese jahrelangen auch juristisch geführten Konflikte, Mütter und ihre Kinder erschöpfen und zu großen psychischen Beschädigungen führen.