„Heirate oder heirate nicht – du wirst beides bereuen“ – das wusste schon Sokrates. Auch wenn für die Ehe häufig romantische Gründe ausschlaggebend sind, sollte man sich vor dem Eingehen des Bundes der Ehe Gedanken machen, welche (rechtlichen) Folgen ein Leben mit oder ohne Trauschein mit sich bringt.
Der Wunsch nach Zweisamkeit
Unsere Welt ist schnelllebig und unsicher: Unverbindlichkeit, Mobilität, Globalisierung, Digitalisierung
– hinter jeder Ecke wartet eine andere Option. Eine Vielzahl von Partnerbörsen, allen voran „Tinder“, bieten vielen die Möglichkeit, sich mit einer Vielzahl an „likes“ und „not likes“ seinen Traumpartner zu suchen. Nahezu ermüdet hetzt sich so mancher von einem Date zum Nächsten, mit der wohl teilweise nicht bewussten Sehnsucht, diesen einen richtigen Menschen zu finden, dem man sich verbunden fühlt. Die Hochzeit und ein gemeinsamer Lebensentwurf mit einem Menschen, wenn man ihn einmal gefunden hat, kann durchaus als verbindlicher Gegenentwurf zu diesem unverbindlichen und schnelllebigen aber auch unsicheren Leben angesehen werden. Zwei Personen sind gewillt, sich entgegen dem Zeitgeist aufeinander festzulegen und geben sich mit dem traditionellen Gefüge der
„Ehe“ gegenseitig Halt und Sicherheit.
Gerade im Mai und September eines jeden Jahres fühlt es sich dann so an, als würden alle heiraten. Facebook und Instagram quellen nur so über vor glücklichen Paaren unter Vintage-Filtern und es sind alle Arten von Paare dabei: die, die sich schon ewig kennen; die, von denen man annahm, sie würden sich bestimmt bald trennen und die, die eigentlich – so dachte man – noch gar nicht lange zusammen sind. Haben die sich das gut überlegt, denkt man still.
Naja, egal, Hauptsache der Blumenkranz sitzt und die Liebe ist groß. Allen voran ging die wichtigste Frage, auf die so mancher ein Leben lang wartet oder auch unter die Bedingung des Fortbestands der Beziehung stellt, „willst du mich heiraten“. Das „ja“ auf diese Frage scheint für die Ewigkeit die alles entscheidende Lösung zu sein. Doch der Ehealltag ist nicht so rosablühend und nicht immer reicht der Wille zum Glück und die leidenschaftliche Liebe für eine funktionierende Partnerschaft.
Dennoch werden in der Vorbereitung auf die Ehe in den meisten Fällen Dokumente zusammengesucht, Termine geblockt, Ringe geschmiedet, Kuchen probiert und Hochzeitslocations besichtigt. Der Tag soll unvergesslich werden, für die Gäste und das Hochzeitspaar. Die Einladungen werden abgestimmt auf die Tischdekoration, den Blumenstrauß und die Gastgeschenke. Pinterest als Plattform für die Ideenfindung herangezogen und der Alltag schlussendlich nahezu ein Jahr auf diesen einen besonderen Tag ausgerichtet. Am Ende der Planung kommt das Paar aus dem Standesamt und ist verheiratet. Und dann kommt die Realität – der sich die meisten kaum bewusst sind – denn was unterschrieben wurde, ist ein Vertrag mit zahlreichen ehelichen Rechten und Pflichten, die teilweise weit über das hinausgehen als sich so mancher verpflichten wollte. Dieser Rechte und Pflichten wird sich das frisch verheiratete Paar erst zu einem späteren Zeitpunkt bewusst – dann wenn sie sich trennen.
Was ist die Ehe und welche Rechte und Pflichten gehen mit der Ehe einher
Die Ehe ist ein Vertrag, der die Liebe zweier Personen zueinander nicht als Voraussetzung kennt. Wie die Unterschrift fürs Handy nur viel umfassender. Ab dem Zeitpunkt der Heirat sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung und das nimmt der Gesetzgeber sehr ernst. Neben den kleinen Dingen wie dem Ehenamen und der Erlaubnis, für den anderen die gekaufte Waschmaschine in Empfang zu nehmen, gehören zu einer Ehe umfassende Unterhaltspflichten, Beistandspflichten, Regelungen für die Aufteilung des ehelichen Vermögens, Auswirkungen auf die Altersvorsorge sowie das Erb- und Steuerrecht. Gute Gründe dafür, sich vor der Eheschließung ein paar Gedanken zu machen.
All diese Auswirkungen bleiben im Laufe der intakten Ehe erst einmal verborgen. Man geht gemeinsam durchs Leben, trifft Absprachen was die Finanzen, Kinder und Lebensverhältnisse angeht. Und dann kommt die Trennung, der Worst-Case, den niemand wollte. Plötzlich sind sie da, die Auswirkungen der Hochzeit auf die Rechtsverhältnisse. Die anschließenden Fragen sind stark abhängig davon, wer in der Ehe eigentlich finanziell besser aufgestellt war. Wäre eine kleinere Wohnung nicht ausreichend? Warum arbeitet er/sie eigentlich nicht? Muss ich wirklich die Hälfte meiner Ersparnisse hergeben? Sie/er bekommt die Hälfte meiner Abfertigung, obwohl sie/er nie gearbeitet hat – das ist doch mein Geld? Was hat er/sie überhaupt getan in den letzten Jahren? Wie soll ich das Haus bezahlen? Er/Sie hat doch die Kinder nie betreut – die Erziehungsmethoden sind ohnehin fragwürdig! Ich glaube er/sie gefährdet unsere Kinder! Der Rosenkrieg beginnt.
Der „Worst-Case“ – das Scheidungsverfahren
Zunächst ist im Scheidungsverfahren zu beurteilen, wer Schuld an der Zerrüttung der Ehe trägt. Eine für den finanziell schlechter aufgestellten Ehegatten eine besonders wichtige Frage, knüpfen nacheheliche Unterhaltspflichten an das Verschulden an. Nur der schuldlos geschiedene Ehegatte hat gegenüber dem anderen Ehegatten einen nachehelichen Unterhaltsanspruch. Und das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe hat jede Partei im Verfahren unter Beweis zu stellen. Es wird sohin jedes kleinste Detail des ehemaligen Miteianders vor dem Scheidungsrichter erörtert, geht es ja schließlich darum, sich vor dem erkennenden Gericht in ein möglichst gutes Licht zu rücken. Vereinbarungen die es gab, wurden plötzlich nie getroffen. Gemeinsame Entscheidungen meist einseitig vom anderen Ehegatten aufoktroyiert. Den „wunden Punkt“ des Gegenübers kennt jeder, hat man sich ja schließlich einmal geliebt und sich gegenseitig vertrauensvoll und eingehend darüber aufgeklärt. Der sich um den Haushalt und Erziehung kümmernde Ehegatte bekommt keinen Ausgleich für verlorene Versicherungszeiten, hierfür ist jeder für sich selbst verantwortlich. So kann für den einen oder anderen die Scheidung wohl zu einer Existenzgefährdung führen.
Das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen wird aufgeteilt, auch wenn dieses nur aus dem Erwerb eines Ehegatten stammt, da sich der andere um den Haushalt und die Kindererziehung gekümmert hat. Aktien, Häuser, Konten, Autos, meist sind es Träume von einer gemeinsamen Zukunft, die da bewertet und aufgeteilt werden.
Schließlich ist dann noch die Betreuung der gemeinsamen Kinder zu regeln, deren Bedürfnisse – obgleich der Gesetzgeber dies verlangt – nicht selten den Bedürfnissen der Eltern durch diese hintangestellt werden. Hat ein Elternteil in der Vergangenheit überwiegend die „Care Arbeit“ übernommen und damit einhergehend auf Versicherungszeiten für die Pension, die Karriere oder gar gänzlich auf ein Erwerbseinkommen verzichtet, bleibt dies nicht selten unberücksichtigt vor Gericht. Der das Kind weniger betreuende Elternteil wünscht plötzlich, das Kind im selben Umfang wie der andere zu betreuen.
Von Liebe und Zuneigung sowie gegenseitiger Wertschätzung wird von den Betroffenen in dieser
„Phase der Ehe“ nicht mehr gesprochen.
All das sind nur kleine Bruchteile der eingegangenen Verpflichtungen und Auswirkungen einer Eheschließung. Aber sie allein haben schon enorme Konsequenzen für die persönliche und finanzielle Zukunft des einstigen Hochzeitspaares. Eine Ehe kann schnell geschlossen werden, die Trennung kann oft aber Jahre in Anspruch nehmen und hat große Auswirkungen auf jeden der Beteiligten. Die Vorteile des einen, können die Nachteile des anderen sein.
Warum sollen wir uns trotzdem trauen zur Trauung?
Letztendlich muss jedes Paar für sich allein entscheiden, ob und wie es die Ehe eingehen will. Das
„Kraftwerk Liebe“ wird viele Menschen aber trotzdem immer dazu führen, nach Zweisamkeit und dem einen Menschen zu suchen, dem wir uns verbunden fühlen und mit dem wir durchs Leben schreiten und Träume verwirklichen wollen. Rein aus Angst und Furcht, enttäuscht und verletzt zu werden, sich einer solchen Zweisamkeit und Sehnsucht zu versperren, würde uns Menschen schließlich aber auch vieler schöner und erfüllender Momente im Leben berauben. Sich Erfahrungen und schlussendlich dem Leben zu versperren, würde uns nicht glücklicher, maximal suchender auf unserer „Reise durchs Leben“ machen.
Es erscheint ein schmaler Grad im Lebenzu sein, voller Leidenschaft und Überzeugung einen Menschen zu lieben, gleichzeitig aber ein wenig Rationalität im Hinterkopf zu bewahren, um eine doch sehr tragweite Entscheidung mit etwas gedanklichem Vorlauf zu treffen. Sich nicht rein durch romantische Gefühle leiten zu lassen, könnte hilfreich sein.
So und jetzt bitte weiterplanen, die Pinterest-Pinnwände füllen und Hochzeitsmagazine lesen. Die Liebe will ja schließlich gefeiert werden und das weder mit Furcht, noch mit Leichtsinn, sondern mit einem gesunden Maß an hingebungsvoller Liebe und bewusster Rationalität.
Die Autorin
Mag.a Rebecca Oberdorfer,
Mag.a Rebecca Oberdorfer, Bankjuristin und ehemalige Scheidungsanwältin.
Sie arbeitet als Juristin in einem renommierten österreichischen Bankkonzern mit internationalen Niederlassungen und war zuvor als Scheidungsanwältin in der Dr.in Helene Klaar und Dr. Norbert Marschall Rechtsanwalts OG tätig.
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