Eine Geschichte über die Anfänge der Väterrechtsbewegung in den 1980er Jahren
Die österreichische Familienrechtsreform der 1970er Jahre war bahnbrechend: Der Mann als Oberhaupt der Familie, dem die Frau und die ehelichen Kinder zu Gehorsam verpflichtet waren, wurde durch die „partnerschaftliche Ehe“ abgelöst. Zuvor waren Versuche der Frauenbewegung, die Rechte der Frauen zu stärken, an Widerständen konservativer Parteien und der katholischen Kirche gescheitert. Durch die Alleinregierung der SPÖ wurden Änderungen möglich: die „väterliche Gewalt“ wurde durch die „elterliche Gewalt“ ersetzt. Ehefrauen brauchten nun keine Erlaubnis ihrer Ehemänner mehr, um einer Erwerbsarbeit nachzugehen, oder auch keine Zustimmung des Vaters, um einen Reisepass für ihre Kinder zu beantragen.
Doch schon kurz nach der Einführung der Änderungen der Familienrechtsreform, die sich über die Jahre 1975 bis 1978 zogen, formierte sich eine der ersten Väterrechtsbewegungen. Nicht alle Trennungsväter waren damit einverstanden, dass nun auch die Mütter ihrer Kinder Rechte bekamen. Die Männer wollten auch nach der Scheidung oder Trennung die Entscheidungsmacht über die Kinder behalten und die Mütter zu rechtlosen Verwalterinnen der Kinder degradieren. Schon damals setzten die Väterrechtler auf eine verschleiernde Rhetorik. Sie deklarierten ihre Aktion als „Das Recht des Kindes auf beide Elternteile“.
Johanna Dohnal erkannte bereits damals, worauf die Gruppierung der Väterrechtler abzielte: auf Irreführung.
So analysierte sie: „Die Aktion ‚Recht des Kindes auf beide Eltern‘ wird hauptsächlich von Männern getragen. Sie will Rechte der Männer gegen die ehemalige Partnerin erwirken. Der Titel verschleiert die wahren Absichten. Denn das Recht des Kindes wird darin nicht erwähnt. Ziel ist vielmehr die Wiedereinführung von Druckmitteln gegen die geschiedene Mutter.“ Dohnal ortete die wahre Absicht der Väterrechtler: „Müttern bleibt nach einer Scheidung die Arbeit, den Vätern soll das Erziehungsrecht eingeräumt werden. […] Es darf kein Zurück hinter die Familienreform der siebziger Jahre geben.“
Die Forderungen der damaligen Väterrechtler haben sich bis heute nicht wesentlich verändert, wenngleich viele Forderungen durch die Familienrechtsreformen in den Jahren 2001 und 2013 bereits umgesetzt wurden, andere durch die ständige Rechtsprechung:
Die Forderung der Väterrechtler nach einem Recht beider Elternteile auf Kontakt zu ihren Kindern wurde 2013 in §§ 186 und 187 ABGB festgelegt. Darin wurde auch das Recht des Kindes auf Kontakt zu beiden Elternteilen festgelegt. Der OGH stellte später allerdings fest, dass das Recht eines Kindes auf Kontakt zum Vater gegen dessen Willen nicht durchsetzbar ist. Das Recht des Vaters auf Kontakt zum Kind ist in der Praxis allerdings sogar gegen den Kindeswillen per Zwang und Beugestrafe gegen die Mutter durchsetzbar.
Johanna Dohnal hat die Gefahren der Väterrechtsbewegung schon im Jahr 1987 erkannt und deshalb eine Pressekonferenz einberufen. Sie bestand fest darauf, dass es nicht mehr dazu kommen darf, dass die Mütter die Arbeit und die Väter die Entscheidungsgewalt haben. Dohnal sprach sich auch gegen das „flexible Besuchsrecht“ der Kindesväter im Beisein der Kindesmutter aus, da es jede neue Beziehung der Mutter verhindert. Dohnal war strikte Gegnerin der Doppelresidenz: „Versöhnlichkeit lässt sich aber nicht per Machtwort verordnen. Schärfstens abgelehnt muss daher jede Bestrebung werden, die darauf hinausläuft, dass in Hinkunft praktisch das Kind durch Richterspruch gezwungen werden soll, zwischen zwei im Streit lebenden, Vergleichsgesprächen in keiner Weise zugänglichen Elternteilen hin- und herzupendeln. […]“
Johanna Dohnal sprach sich auch entschieden gegen ein Kontaktrecht per Zwang aus: „Die Verankerung des „Rechts des Kindes auf beide Eltern“ und die Verankerung des „Kontaktes des Kindes mit beiden Eltern“ entspricht nicht dem Grundrecht auf Schutz „der persönlichen Privatsphäre“. Damit würde dem Kind auch gegen das Kindeswohl vom Staat der Kontakt mit dem Elternteil, den es nicht zu sehen wünscht, aufgezwungen. Das Kindeswohl ist auf jeden Fall ein schützenswerteres Recht als das Recht auf Kontaktnahme, wir glauben sogar ein höherwertiges Rechtsgut.“
Die Väterrechtler plädierten bereits 1978 für eine Aufweichung des Kontinuitätsprinzips. Nicht dem Elternteil, der bisher den Hauptteil der Care Arbeit erledigt hat, sollten die Kinder zugesprochen werden, sondern ein Pflegschaftsgericht sollte bei Uneinigkeit feststellen, welcher der beiden Elternteile besser für die Betreuung der Kinder geeignet wäre und diesem die Kinder zusprechen. Dies findet sich heute in der Rechtspraxis in Form der familienpsychologischen Gutachten wieder: Müttern soll dabei die Erziehungsfähigkeit abgesprochen werden. Auch hat sich bereits jetzt etabliert, dass verheirateten Paaren bei der Scheidung die gemeinsame Obsorge auch bei Uneinigkeit aufoktroyiert wird, ebenso wie die Doppelresidenz per Zwang gegen den Willen von Mutter und Kind. Hauptmotivation ist dabei nicht nur die Weiterführung der Kontrolle des Vaters über Mütter und Kinder, sondern auch die Reduktion des Kindesunterhalts, der Mütter und Kinder in Armut stürzt.
Dazu stellte Johanna Dohnal 1978 fest: „Wenn beide Elternteile das Recht zur Pflege und Erziehung haben, müsste nach dem derzeitigen Rechtssystem die Unterhaltspflicht für den Minderjährigen fallen. Das hat rigorose Nachteile: die Frauen werden die tägliche Arbeit im Haushalt weiterhin machen, das Kind öfter aber nie abgeben können, dass ihnen Arbeit erspart bleibt. Sie würden dafür jedoch keinerlei Unterhaltsleistungen für ihr Kind bekommen. Im gemeinsamen Haushalt lässt sich ja ohnehin beweisen, wer die alltäglichen Haushalts- und Erziehungsleistungen tätigt und wer zumindest weniger oder gar nichts. Bei getrennten Wohnsitzen würde sich diese Situation noch drastisch verschärfen.“ Wovor Johanna Dohnal damals gewarnt hat, ist heute bittere Realität: Durch die Rechtsprechung ist bereits ab einer Betreuung von 2 Tagen pro Woche eine Reduktion des Unterhalts möglich. Derzeit lebt jede 6. Alleinerzieherin mit ihren Kindern in bitterer Armut, 41% sind von Geldarmut betroffen.
Auch der Ruf der Väterrechtler von 1978 nach einer ständigen Überwachung der Mütter und Kinder ist nicht verstummt. Damals wurde eine unverzügliche Meldung aller wesentlichen Ereignisse gefordert. Dies kommt immer wieder im Rahmen einer „Betreuungs-App“ ins Gespräch, die auch die weitere Reduktion des Unterhalts auf Basis der genauen Erfassung der Betreuungszeiten ermöglichen soll. Johanna Dohnal dazu 1978: „Welche Entscheidungen sollen dann von einem Ehepartner, welche von beiden getroffen werden? Dies birgt große Gefahren der weiteren Unterdrucksetzung des anderen Ehepartners auch nach der Ehescheidung […].“ Und weiter: „Die Berichtspflicht, die die Aktion anführt, kann keineswegs eingehalten werden, wer soll entscheiden was berichtspflichtig ist und was nicht (das Kind hat Bauchweh gehabt?). Dazu kommt, dass ja geschiedene Frauen immer arbeiten. […] Männer dieser Aktion wollen, dass die Kinder weiterhin bei den Müttern aufgezogen werden (Arbeit …), sie möchten aber verstärkt Rechte gegenüber den Kindern, die sie als Druckmittel gegen die Frauen verwenden.“
Auch die Forderung der Väterrechtler nach einer verpflichtenden Elternberatung vor der Trennung wurde umgesetzt, in der Praxis wird diese heute sogar nach häuslicher Gewalt von Familienrichter*innen angeordnet. Mütter, die Opfer von Gewalt durch den Partner wurden, müssen per Zwang versuchen, sich mit ihrem Peiniger über Obsorge und Kontaktrecht zu einigen.
Selbst die Forderung der Väterrechtler von 1978 nach einer Aufklärung über die Wichtigkeit der gemeinsamen Verantwortung beider Elternteile durch eine psychologische Beratung bereits in der Schwangerschaft sollte im Zuge des elektronischen Eltern-Kind-Pass verpflichtend werden. Sie konnte letztlich noch abgewehrt werden, auch wenn das Familienministerium bereits 2023 damit begonnen hat, diese Beratungen vorerst auf freiwilliger Basis umzusetzen.
Johanna Dohnal kannte die Probleme der Alleinerzieherinnen genau: Sie waren arm, hatten den gesamten Mental Load zu schultern und sollten zusätzlich zu ihrer Erwerbs- und Betreuungsarbeit die Befindlichkeit der Kinder für die Väter genau mitprotokollieren. Johanna Dohnal erkannte, dass durch die Forderungen der Väterrechtler das Kind zum Rechtsobjekt degradiert würde. Die Forderungen würden eine Explosion an verwaltungstechnischen und legistischen Maßnahmen nach sich ziehen.
Inzwischen ist ein neuer Kunstgriff der Väterrechtsvereine hinzugekommen, der selbst Feminist*innen in die Irre führt: Die heutigen Gruppierungen geben vor, mehr Rechte im Namen der Gleichberechtigung einzufordern. Sie geben vor, die „Mütter entlasten“ zu wollen, und ihnen „bessere Chancen zur Erlangung von eigenem Einkommen“ bieten zu wollen. Das Vorgehen ist dasselbe wie anno dazumal: Die wahren Absichten, nämlich ein Druckmittel zu schaffen, um die Ex-Partnerin und die Kinder zu kontrollieren oder sogar Gewalt über sie auszuüben, wird verschleiert. Ebenso verschleiert wird, dass der Mental Load und die Care-Arbeit wie Wäsche waschen, Hausaufgabenbetreuung und ähnliches den Müttern überlassen werden soll, während die Väter im besten Fall Wochenendpapas bleiben, im schlechtesten Fall die Kinder zu den Großeltern oder der neuen Partnerin abschieben. Die Reduktion des Kindesunterhalts, der das eigentliche Ziel der Väterrechlter ist, wird lediglich als logische Konsequenz des größeren Ausmaßes an Betreuung präsentiert.
FEM.A hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erkenntnisse und Standpunkte von Johanna Dohnal weiterhin zu verteidigen. Wir führen ihren Kampf für die Rechte der Mütter und Kinder weiter. Wir verteidigen die alleinige Obsorge unverheirateter Mütter, das Kontinuitätsprinzip nach der Scheidung und die klare Ablehnung der Doppelresidenz per Zwang. Wir wehren uns gegen Kontrolle und Berichtspflicht per Zwang angeordnet durch Richter*innen. Wir verteidigen das Recht der Kinder, in Pflegschaftsverfahren angehört zu werden. Kontakt gegen den Kindeswillen widerspricht dem Kindeswohl! Die Istanbul- und Lanzarote Konventionen müssen in Pflegschaftsverfahren umgesetzt werden. Die Rechtspraxis, den Kindesunterhalt für erhöhte Betreuungszeiten zu reduzieren, muss per Gesetz untersagt werden, da falsche Anreize gesetzt werden, die Kinderkosten dadurch steigen und Mütter und Kinder in Armut und Ausgrenzung gedrängt werden.
FEM.A führt den Kampf für die Rechte der Mütter und Kinder im Sinne Johanna Dohnals weiter. Wir verteidigen:
- Die alleinige Obsorge unverheirateter Mütter
- Das Kontinuitätsprinzip nach der Scheidung
- Ein Verbot der Doppelresidenz per Zwang
- Die Ablehnung einer Betreuungs-App per Zwang
- Das Recht der Kinder, in Pflegschaftsverfahren angehört zu werden
- Die Umsetzung der Istanbul- und Lanzarote Konventionen in Pflegschaftsverfahren
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