Aktuelle Armutsgefährdungsschwelle
Aktuelle Armutszahlen DATEN AUS EU-SILC 2023 (VERÖFFENTLICHT IM APRIL 2024):
Die aktuelle Armutsgefährdungsschwelle (60% des Median-Einkommens) beträgt 1.572 EUR monatlich für einen Ein-Personen-Haushalt (12-mal im Jahr). Der Wert erhöht sich nach Richtlinien der EU (EURO STAT) um den Faktor 0,5 pro für jede weitere erwachsene Person und jedes Kind ab 14 Jahren im Haushalt. Für jedes Kind bis 13 Jahren im Haushalt erhöht sich der Wert um den Faktor 0,3.
Haushaltstyp | Faktor | Monatswert |
1-Personen-Haushalt | 1 | 1.572 EUR |
1 Erwachsene*r + 1 Kind bis 13 | 1,3 | 2.044 EUR |
1 Erwachsene*r + 1 Kind ab 14 | 1,5 | 2.358 EUR |
1 Erwachsene*r + 2 Kinder ab 14 | 2 | 3.144 EUR |
2 Erwachsene | 1,5 | 2.358 EUR |
2 Erwachsene + 1 Kinder bis 13 | 1,8 | 2.830 EUR |
2 Erwachsene + 2 Kinder ab 14 | 2,5 | 3.480 EUR |
18% der österreichischen Bevölkerung (1.592.000 Menschen) sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet, d.h. das Einkommen liegt unter der Armutsschwelle oder die Personen sind erheblich materiell depriviert oder leben in Haushalten mit keiner/ sehr geringer Erwerbsintensität – ein Anstieg gegenüber 17,5% der Gesamtbevölkerung im Jahr 2022.
Alleinerziehend zu werden ist das größte Armutsrisiko in Österreich – auch für Kinder.
48% der Ein-Elternhaushalte waren 2023 armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Das ist unter allen Familienformen die am meisten betroffene Gruppe. Insgesamt sind 75.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Ein-Eltern-Haushalten armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Unter den minderjährigen Kindern bis 14 sind sogar 53% der Kinder von Alleinerzieher*innen betroffen. In anderen Haushaltsformen mit Kindern sind mit 16,5% sogar weniger Haushalte als in der Durchschnittsbevölkerung von Armut oder Ausgrenzung betroffen. Sogar Haushalte mit drei Kindern oder mehr sind weit seltener von Armut oder Ausgrenzung betroffen. Nur Ausländer*innen aus dem Nicht-EU/EFTA-Ausland haben mit 53% einen höheren Anteil an Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung. Daten zur intersektionellen Diskriminierung, z.B. Armut oder Ausgrenzung bei Alleinerzieher*innen mit Nicht-EU/EFTA Staatsbürgerschaft sind derzeit nicht bekannt.
Betrachtet man die Armutsgefährdung (niedriges Haushaltseinkommen) allein, so sind 2023 mit 14,9% der Gesamtbevölkerung (1 338 000 Menschen) um 0,1 Prozentpunkte mehr als 2022 betroffen, damals waren es 14,8%. Auch bei der Einkommensarmut sind Alleinerzieher*innen unter allen Familienformen die traugrigen Spitzenreiter*innen: 2023 wurde mit einer Armutsquote von 41% ein neuer Armutsrekord der Alleinerzieher*innen aufgestellt.
Auch bei der erheblichen materiellen Deprivation, das heißt, dass sie so ein geringes Einkommen haben, dass sie sich wesentliche Güter im Haushalt und anderen Lebensbereichen nicht leisten können, stehen Alleinerzieher*innen mit 15,4% an der Spitze und damit fast fünf Mal so häufig betroffen. Im Durchschnitt der übrigen Bevölkerung sind 3,4% erheblich depriviert.
Auffallend ist hier, dass bei Ein-Elternhaushalten der prozentuelle Unterschied zwischen Armutsgefährdung und Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung besonders groß ist: Während dieser in der Gesamtbevölkerung 3% beträgt (15% sind armutsgefährdet, 18 % sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet), beträgt der Unterschied bei Alleinerzieher*innen ganze 14% (41% sind armutsgefährdet, 48% armuts- oder ausgrenzungsgefährdet).
Das ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die tatsächliche Armutsgefährdung von Alleinerzieher*innen weit unterschätzt ist! Daten stützen diese Vermutung, denn in der Kinderkostenanalyse 2021 der Statistik Austria wurde festgestellt, dass der Faktor für Kinder bei der Berechnung der Armutsgefährdungsschwelle der Faktor in Ein-Elternhaushalten tatsächlich viel höher ist.
Zieht man diese Zahlen heran, so ist die aktuelle Armutsgefährdungsgrenze für Haushalte in Österreich wie folgt:
Haushaltstyp | Konsumeinheit nach Alter der Kinder laut Kinderkostenstudie 2021 | Monatliche Haushaltseinkommensgrenze |
1-Personen-Haushalt | 1 | 1.572 EUR |
1 Erwachsene/r + 1 Kind unter 14 | 1,31 | 2.059 EUR |
1 Erwachsene/r + 2 Kinder unter 14 | 1,62 | 2.547 EUR |
1 Erwachsene/r + 1 Kind über 14 | 1,59 | 2.449 EUR |
1 Erwachsene/r + 1 Kind unter 14, 1 Kind über 14 | 1,9 | 2.987 EUR |
1 Erwachsene/r + 2 Kinder über 14 | 2,18 | 3.427 EUR |
2 Erwachsene | 1,5 | 2.358 EUR |
2 Erwachsene + 1 Kind unter 14 | 1,68 | 2.641 EUR |
2 Erwachsene + 2 Kinder unter 14 | 1,86 | 2.924 EUR |
2 Erwachsene/r + 1 Kind über 14 | 1,8 | 2.830 EUR |
2 Erwachsene + 1 Kind über 14, 1 Kind unter 14 | 1,98 | 3.113 EUR |
2 Erwachsene + 2 Kinder über 14 | 2,1 | 3.301 EUR |
Hauptgründe für die Armut von Alleinerzieher*innen und ihrer Kinder sind allen voran die hohen Kinderkosten (diese sind fast doppelt so hoch wie in Mehr-Erwachsenen-Haushalten) und der fehlende Kindesunterhalt. Nur die Hälfte der Kinder bekommt laut der Unterhaltsbefragung 2021 Unterhalt vom unterhaltspflichtigen Elternteil, in der Regel ist das der Vater. Im Mittel betrug dieser Unterhalt nur 304 EUR, das waren damals etwa ein Drittel der Kinderkosten. Nur eines von fünf Kindern, die weder Kindesunterhalt noch Halbwaisenpension beziehen, bekommt Unterhaltsvorschuss. Somit erhalten 36% der Kinder keinerlei Unterhalt oder Ersatzleistung. Auch der durchschnittliche Unterhaltsvorschuss betrug 2021 lediglich 250 EUR.
Die durchschnittlichen Kinderkosten laut Kinderkostenanalyse 2021, valorisiert um die Inflation, betragen in einem Ein-Elternhaushalt 2024 pro Kind geschätzt etwa 1.088EUR, während sie bei Mehr-Erwachsenen-Haushalten für ein Kind monatlich etwa 597 EUR betragen.
Außerdem bekommen Alleinerzieher*innen nicht nur in absoluten Zahlen weniger staatliche Familienleistungen, insbesondere, weil Frauen nur 22% des Familienbonus bekommen (können). Bei ihnen decken staatliche Familienleistungen auch nur etwa 36% der Kinderkosten, währen in Paarhaushalten 66% der Kinderkosten dadurch abgedeckt sind.
Nicht zuletzt ist die hohe Inflation in den letzten Jahren ein großer Faktor, der Alleinerzieher*innen mehr als andere Familienformen getroffen hat. Da Alleinerzieher*innen ein geringeres Haushaltseinkommen haben, müssen sie einen besonders großen Anteil für Miete, Energiekosten und Lebensmittel ausgeben. Genau in diesen Bereichen sind die Kosten 2022 und 2023 überdurchschnittlich gestiegen. Hinzu kommt die strukturelle Benachteiligung: 2023 leben 64% der Ein-Elternhaushalte in Miete, während es bei den Mehr-Erwachsenen Haushalten mit Kindern etwa 40% sind. Alleinerzieher*innen sind deshalb von den Mietpreissteigerungen überdurchschnittlich betroffen. Darüber hinaus hinkt die Steigerung des Kindesunterhalts und die Steigerung der staatlichen Familienleistungen der Inflation hinterher. Erst 2023 wurden die staatlichen Familienleistungen erstmals valorisiert, jedoch deutlich unter der Inflationsrate. Das bedeutet de facto eine Kürzung. Schon bis 2022 hatte zum Beispiel die Familienbeihilfe 40% ihres Wertes im Vergleich zu vor 20 Jahren verloren, trotz Valorisierung hat sie 2024 noch weiter an Wert verloren. Der Alleinerzieher*innenabsetzbetrag hat zum Beispiel seit seiner Einführung etwa 25% seines Wertes eingebüßt.
Details zu den aktuellen Armutszahlen: Pressemitteilung Statistik Austria: 2022 waren 2,3 % der Bevölkerung erheblich materiell und sozial benachteiligt
Tabellenband EU-SILC 2022: https://www.statistik.at/fileadmin/pages/338/Tabellenband_EUSILC_2023.pdf
Kinderkostenanalyse 2021, Statistik Austria: https://statistik.gv.at/fileadmin/pages/339/Kinderkostenanalyse_2021_MethodischeLangfassung.pdf
Kinderkosten und monetäre Familienleistungen im Vergleich, BMSGPK: https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:dd4bd97e-5833-4474-a35a-5a784d849a13/Synthesepapier%20Kinderkosten%20und%20Familienleistungen%20im%20Vergleich.pdf
Unterhaltsbefragung 2021, Statistik Austria: https://www.statistik.at/fileadmin/publications/Ergebnisbericht_Unterhaltsbefragung.pdf
Monetäre Familienleistungen für unterschiedliche Haushaltskonstellationen 2021, Marian Fink, Silvia Rocha-Ak, BMSGPK: https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:39db9ef9-1f15-44c3-859b-7bce2f821d97/Familienleistungen_Haushaltskonstellationen_WIFO_Endbericht.pdf
Zur Armutsgefährdungsgrenze:
https://verein-fema.at/falsche-armutsgefaehrdungsgrenze-draengt-alleinerzieherinnen-und-ihre-kinder-weiter-in-die-ausgrenzung/
Wir fordern deshalb:
- Die Anhebung der #Einkommensgrenzen für Beihilfen und Förderungen für Alleinerzieher*innen. Die Kinderkosten sind bei Alleinerzieher*innen fast doppelt so hoch!
- Die #Unterhaltsgarantie für alle Kinder – denn kein Kind in Österreich soll aufgrund einer Trennung an #Kinderarmut leiden müssen!
- Die Anhebung der Unterhaltsprozentsätze und Regelbedarfssätze – denn auch nach der Trennung müssen beide Eltern für ihre Kinder sorgen!