Familiengerichtshilfe
2014 wurde die Familiengerichtshilfe neu eingeführt. Ziel war, die Verfahrensdauer zu verkürzen, die Qualität der Beschlüsse zu verbessern und Konflikte zu verringern. Diese neue Einrichtung wurde vielerorts willkommen geheißen, da große Erwartungen in dieses neue Hilfsorgan gesetzt wurden.
Die Familiengerichtshilfe besteht aus Psycholog*innen, Bildungs- und Erziehungswissenschafter*innen und Sozialarbeiter*innen. Sie übernimmt im Auftrag des Gerichts etwa die Besuchsmittlung in Kontaktrechtsverfahren oder vermittelt bei Konflikten zwischen den Eltern. Die Mitarbeiter*innen können auf Anordnung des Gerichts zum Beispiel auch die ordnungsgemäße Über- und Rückgabe des Kindes überwachen oder (kostenlose) Clearings durchführen.
Die Rechte der Familien- und Jugendgerichtshilfe
Führen Clearings zu keiner Lösung, kann die Familiengerichtshilfe dem Gericht weitere Maßnahmen vorschlagen, darunter Mediation und Familienberatung.
Außerdem kann das Gericht bei Obsorge- und Kontaktrechtsstreitigkeiten die Familiengerichtshilfe damit beauftragen, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken und Berichte, fachliche Stellungnahmen und Empfehlungen abzugeben. Die Familiengerichtshilfe kann in diesem Fall die Eltern und das Kind, aber auch andere Personen, die Auskünfte über die Lebensumstände des Kindes geben können, zum Beispiel Pädagog*innen, Freizeitbetreuer*innen etc. befragen.
Viele Stellen sind sogar dazu verpflichtet, der Familiengerichtshilfe Auskunft und auf Verlangen sogar Akteneinsicht zu geben. Darunter etwa Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaften, Gerichte, Schulen und Betreuungseinrichtungen.
Obwohl die Familiengerichtshilfe in manchen Fällen etwa durch Clearings dazu beitragen kann, dass gerade anschwellende Konflikte erst gar nicht eskalieren, hat sich jedoch herausgestellt, dass das Hilfsorgan Familiengericht auch zu einem Rechtschutzdefizit für Betroffene geführt hat. Es fehlen gesetzliche Grenzen und Regelungen, viele Mütter sehen sich Willkür und Intransparenz ausgesetzt. Auch die fachlichen Anforderungen an die Mitarbeiter*innen der Familiengerichte sind im Gesetz nicht geregelt. Sie arbeiten außerdem großteils formfrei. Eltern und ihre Anwält*innen sind von der Teilnahme an den Erhebungen ausgeschlossen. Viele Tätigkeiten, die eigentlich Richter*innen vorbehalten waren, wurden an die Familiengerichtshilfe ausgelagert, die zwar Fachkompetenzen im psycho-sozialen Bereich aufweist, aber keine juristische Fachausbildung hat. Gerichtliche Akte werden sogar ohne konkrete Aufträge für Ermittlungsmaßnahmen an die Familiengerichtshilfe weitergeleitet und die Eltern haben kein Recht zur Einsicht.
In der Praxis entscheidet die Familiengerichtshilfe oft willkürlich, welche Erhebungen sie durchführt. Die Eltern haben keine Möglichkeit, die Entscheidungsfindung zu überprüfen. Die Gerichte folgen in der Regel den Empfehlungen der Familiengerichtshilfe, wodurch sie in Wahrheit indirekt Entscheidungen über Obsorge und Kontaktrecht trifft. Gleichzeitig ist nicht nachvollziehbar und nicht nachprüfbar, auf welcher Basis die Berichte und Empfehlungen der Familiengerichtshilfe beruhen. Aussagen von befragten Personen werden oft nur verkürzt dargestellt und es gibt keine Protokolle darüber. Viele Mütter berichten uns, dass ihre Aussagen unvollständig, aus dem Zusammenhang gerissen oder sogar unrichtig wiedergegeben wurden.
Wir fordern deshalb Videoaufzeichnungen der Zeug*innenaussagen, ein genaues Protokoll und die Möglichkeit der Anwesenheit einer Vertrauensperson bei der Befragung.
Wenn Du und Dein Kind von der Familiengerichtshilfe befragt werden sollt, ist es wichtig, dass Du Deine Rechte vorab kennst und Dich selbst und Dein Kind gut auf den Termin vorbereitest. Wir haben Inhalte erstellt, um Dich dabei zu unterstützen:
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