Plötzlich bist Du das Problem

Artikel von Gabriela Keller und Maike Backhaus auf correctiv.org

Berichte nehmen Frauen ihre Kinder weg, wenn sie häusliche Gewalt und Missbrauch schildern. Mehrere Betroffene berichten über ihre verzweifelte Lage, darunter die Ex-Partnerin eines ehemaligen Bundesliga-Profis. Über Drohungen, Schläge und Manipulation. Eine Recherche von CORRECTIV und Süddeutscher Zeitung.

Eine Frau verschwindet, mit ihren zwei Kindern. Sie leben nun in einer ruhigen Siedlung, wo sie niemand kennt. Aber Marina Blum weiß, dass ihr Ex-Mann sie sucht und die Polizei nach ihnen gefahndet hat. Und wenn sie sie finden, dann war alles umsonst.

Blum sitzt in einer engen Küche, den Rücken zum Fenster. Sie hat ihrem Sohn die Kopfhörer vom Tablet übergezogen. Die Tochter liegt mit einer Erkältung im Bett, die Mutter sagt: „Ich habe lange nachgedacht: Machst du das oder machst du das nicht?“, sagt sie. „Wenn es eine andere Option gegeben hätte, hätte ich sie genommen.“

Marina Blum ist auf der Flucht, vor ihrem Ex-Mann und vor den Behörden. Ein Jahr lang hat sie vor Gericht gekämpft immer mit dem Gefühl, nicht gehört und nicht ernst genommen zu werden – egal, was sie vorbrachte: „Ich hatte Angst um meine Kinder.“ Mehrfach hat sie versucht, die Gerichte mit ihren Hinweisen zu erreichen.

Viele ihrer Aussagen sind in den Gerichtsakten dokumentiert, sie behauptet: Psychoterror, massiver Druck, Kameras im Haus. Aber es könnte noch etwas Schlimmeres passiert sein: Zuletzt verdichtete sich ihr Verdacht, dass der Vater die Tochter sexuell missbraucht haben könnte. „Ich habe das Gefühl, dass mir aufgrund des Status des Vaters gar nicht erst geglaubt wird“, sagt sie. „Egal was ich sagte, es wurde nicht für voll genommen.“ […]

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