Gefahren der gemeinsamen Obsorge

Warum Du als unverheiratete Mutter nicht freiwillig die gemeinsame Obsorge unterschreiben solltest

Seit Jahren wird die gemeinsame Obsorge auch bei unverheirateten Paaren propagiert. Erst seit 2013 ist die gemeinsame Obsorge bei ledigen Eltern überhaupt möglich. Sie bietet jedoch vor allem ledigen Vätern Vorteile:

Mit der gemeinsamen Obsorge haben sie viel mehr Macht und Kontrolle über die ledigen Mütter, insbesondere dann, wenn sich das Paar trennt.

Was ist die gemeinsame Obsorge?

Der Begriff „Obsorge“ wurde erst spät im österreichischen Recht definiert. Die Obsorge umfasst die Pflege und Erziehung des Kindes, die gesetzliche Vertretung, die Verwaltung des Vermögens (zum Beispiel von Erspartem) und das „Aufenthaltsbestimmungsrecht“. In den 1970er Jahren sprach man von „elterlichen Rechten und Pflichten“, und vor der großen Familienrechtsreform war die Obsorge die „väterliche Gewalt“. Vor den 1970er Jahren waren nämlich die Aufgaben zwischen Vätern und Müttern klar getrennt: Die Väter hatten die Macht und konnten tatsächlich über Kinder und die Mutter entscheiden. Die Mütter hatten die ganze Arbeit über. Sie hatten die Pflicht, die Kinder zu versorgen und die gesamte Care-Arbeit zu leisten. Es handelte sich um ein krasses Machtungleichgewicht. Nach dem Übergang zu einem gleichberechtigten Gesetz in den 1970er Jahren hat man diese Aufgaben zusammengefasst. Nun hatten diejenigen, die die Pflichten hatten und bei denen das Kind lebte, auch die Vertretungsmacht. Als Folge des Machtverlusts der Väter entstanden die ersten Väterrechtsbewegungen, da die meisten Kinder bei den Müttern lebten. Die Väter wollten die Macht über die Mütter und Kinder zurück, aber die Care-Arbeit wollten sie nicht leisten. Sie wollten die Gesetze wieder so wie vor der Familienrechtsreform der 1970er Jahre, um ihre Macht und Kontrolle über ihre Kinder und die Kindesmutter auch nach der Trennung weiter ausüben zu können, so wie sie es die Jahrhunderte davor gewöhnt waren.

Die gemeinsame Obsorge ist das Einfallstor für das Wechselmodell und damit oft eine Armutsfalle!

Wer schon zu Beginn aktiv der gemeinsamen Obsorge zustimmt, schafft die Evidenz, dass der Kindesvater an der Erziehung interessiert ist. Das ist ein Wegbereiter für das Wechselmodell, bei dem bei bereits zwei Tagen pro Woche, der Kindesunterhalt um 10% gekürzt werden darf. Erlangt der Kindesvater also bei der Trennung das Recht, das Kind an 2 Tagen pro Woche zu sehen, so muss er bereits 10% weniger Unterhalt zahlen, obwohl die Mutter alle Kosten weiterhin allein tragen muss. Ab durchschnittlich drei Tagen pro Woche muss der Kindesvater in der Regel keinen Kindesunterhalt mehr bezahlen. Der fehlende Kindesunterhalt ist einer der Hauptgründe für die Kinderarmut von Kindern von Alleinerzieher*innen in Österreich.

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass nur mit der gemeinsamen Obsorge der Vater das Recht hat, sein Kind zu sehen. Das stimmt nicht. Das Kontaktrecht ist separat von der Obsorge geregelt. Bei der Obsorge geht es tatsächlich nur darum, wer über die Belange des Kindes entscheiden darf. Oft wird auch behauptet, die gemeinsame Obsorge würde Väter motivieren, sich mehr um ihre Kinder zu kümmern. In der Praxis stimmt das jedoch nicht und es ist ein reines Narrativ, um die gemeinsame Obsorge bei ledigen Eltern zu rechtfertigen. Es gibt absolut keine Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen Erhalt der Obsorge und Care-Arbeit.

Auf den Kindesunterhalt selbst hat die gemeinsame Obsorge keine direkte Auswirkung, allerdings ist es wahrscheinlicher, dass bei der gemeinsamen Obsorge dem Vater von der Familienrichter*in ein erweitertes Kontaktrecht zugestanden wird. In dem Fall kann der Vater Abschläge beim Kindesunterhalt für jeden weiteren Tag geltend machen.

Keine Aufklärung über die Folgen der gemeinsamen Obsorge

Legen unverheiratete Paare freiwillig die gemeinsame Obsorge fest, so ist eigentlich eine Rechtsbelehrung über die Folgen der gemeinsamen Obsorge vorgesehen. Nach Rückfrage bei Betroffenen gaben diese an, keine Informationen erhalten zu haben. Einige haben rückgemeldet, mit diesem Ansinnen des Kindesvaters nach der gemeinsamen Obsorge überrumpelt worden zu sein und sich mit dem Thema im Wochenbett nicht auseinandersetzen konnten. Sie wussten nicht, dass sie die Entscheidung innerhalb von acht Wochen hätten rückgängig machen können.

Die Gefahren der gemeinsamen Obsorge

Schwierig wird es meist dann, wenn sich die unverheirateten Eltern trennen. Denn während es bei einer Scheidung klare Regeln gibt, wie zum Beispiel finanzielle Ansprüche, gibt es bei Unverheirateten nach der Trennung: Nichts. Es entfällt der nacheheliche Unterhalt genauso wie etwaige Ansprüche auf gemeinsam erworbenes Vermögen, das während der aufrechten Beziehung erwirtschaftet wurde. Hat die Mutter die alleinige Obsorge, so lebt das Kind im Fall einer Trennung bei ihr, denn sie hat das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht. Bei der gemeinsamen Obsorge muss erst festgelegt werden, bei welchem Elternteil das Kind künftig leben soll. Können sich die Eltern nicht einigen, so bestimmt hier das Gericht. Dabei ist hier oft ausschlaggeben, sich eine*n gute*n Anwält*in zu leisten. Viele Mütter können diese Kosten nicht stemmen. Welche Auswüchse Fragen der gemeinsamen Obsorge im Streitfall annehmen kann, findest Du in unserer Checkliste.

FEM.A rät eindringlich von der freiwilligen gemeinsamen Obsorge ab!

Die gemeinsame Obsorge von Unverheirateten ist ein Rückschritt zur väterlichen Gewalt vor der Familienrechtsreform der 1970er Jahre! Die Teilung der Rechte bedeutet in der Praxis, dass Väter alle Rechte, Mütter alle Pflichten haben. Die gemeinsame Obsorge kommt teuer, schafft Konfliktpotential, bedeutet eine schwere emotionale Belastung und kann bei Gewalt eine ständige Retraumatisierung auslösen.

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