Katja Russo Frauen* beraten Frauen*
Die familienrechtlichen Entwicklungen der letzten Jahre haben für Mütter die von den Kindesvätern getrennt leben zu gravierenden Veränderungen, Verunsicherungen und in konflikthaften Fällen zu Verschlechterungen und hoher Belastung geführt.
Frauen durchleben Schwangerschaft, Geburt und danach oft längere Karenzzeiten. Sie wählen berufliche Laufbahnen die ihnen am ehesten mit Kinderbetreuung und Familie vereinbar erscheinen. arbeiten Teilzeit, ziehen Beförderungen, berufliche Weiterentwicklungen und viele Arten der persönlichen Entfaltung nicht in Betracht um ihre Rolle als Mutter und Partnerin besser ausfüllen zu können.
These 1: Die lebensgestaltenden Entscheidungen von Frauen zugunsten der Verantwortungs- und Betreuungsübernahme für Kinder und ihre Familie, die tatsächlich gelebte Lebensrealität in Familien wird in der derzeitigen Judikatur vielfach ignoriert.
Das Nicht-Anerkennen von weiblicher Leistung und weiblicher Spezifität ist keineswegs neu. Im Gegenteil es ist Fortsetzung , ja sogar Verschärfung des patriarchalen Prinzips der Verleugnung, Ausblendung und Entwertung, der Leistungen und Lebensrealitäten von Frauen.
Die Folgen auf psychologischer Ebene sind bekannt: Depression, Selbst- und Fremdentwertung, Ängste, Verzweiflung, Erschöpfung, Wut und Scham,…..
These 2: Gewalt gegen Frauen ist für die gerichtlichen Entscheidungen zu Obsorge und Kontaktrecht der Väter wenig relevant.
Vielfach erzählen betroffene Frauen die durch ihre Partner und Kindesväter Gewalt erfahren haben, dass Druck auf sie ausgeübt wird den Forderungen der Väter zu entsprechen. Mit Sätzen wie „Das was früher war ist hier nicht relevant – wir konzentrieren uns auf die Gegenwart.“ werden Frauen zum Schweigen gebracht.
Das Nicht ernst nehmen, ausblenden, ja sogar sanktionieren des Sprechens über Gewalterfahrungen ist für Opfer katastrophal. Es entsteht der Eindruck, dass ihnen nicht geglaubt wird, dass egal was sie erlebt haben, die Meinung des Täters immer wirkmächtiger ist.
These 3: Die verschiedenen Formen der Vorteilsnahme von Vätern in Kontaktrechts- und Obsorgeverfahren werden unter dem Deckmantel des angeblichen Kindeswohls verschleiert.
Väter versuchen möglichst viel Kontaktrecht oder sogar das Doppelresidenzmodell gerichtlich zu erwirken um Kindesunterhalt zu sparen und möglichst viele machtvolle Einflussmöglichkeiten auf das weitere Leben ihrer Expartnerinnen zu haben. Besonders deutlich wird das wenn sie gar keine Zeit haben sich wirklich um die Kinder zu kümmern, auf jederzeitigen Abruf ihr Kontaktrecht haben möchten oder die Betreuung wieder, meist an andere Frauen, auslagern.
These 4: Frauen werden in familiengerichtlichen Verfahren häufig psychologisiert oder pathologisiert. Männern wird Rationalität zugeschrieben.
Die starke emotionale Betroffenheit von Müttern im Verfahren – es geht um ihre Kinder und ihr Leben mit ihnen, wird ihnen nicht selten zum Vorwurf gemacht. Es findet sich in gerichtlichen Protokollen eine eigenartige psychologische Bewertung von Frauen, während die Aussagen von Männern uninterpretiert beim „Wort genommen werden“.
Bei manchen derzeitigen Verläufen von Verfahren ist es ein Wunder, dass Frauen es überhaupt schaffen halbwegs ruhig zu bleiben. Eigentlich müssten sie laut aufschreien. Die Psychologisierung ist ein altbekanntes Mittel um die Positionen von Frauen zu schwächen, sie zu Infantilisieren und ihre Aussagen nicht ernst nehmen zu müssen.
Resumeé:
Wenn die Gleichverteilung der Kinder und Familienarbeit ein Anliegen dieser Gesellschaft wäre müssten aktive politische und soziale Schritte unternommen werden damit Frauen und Männer sich nicht für die traditionelle Rollenverteilung entscheiden.
Solange die traditionellen Geschlechtsrollen in Österreich die vorrangigen Lebensformen sind, können die derzeitigen psychojuristischen Instrumente zu massivem Machtmissbrauch gegenüber Müttern und Kindern führen.
Das kann sich durch folgendes Vorgehen zeigen:
Das Verdrehen von Fakten zu ungunsten der Frauen (z.B. die sehr starke generalisierte Unterstellung, dass Mütter versuchen würden den Vätern die Kinder zu entziehen. Ich kenne vorrangig das Gegenteil – Mütter bemühen sich hartnäckig, Väter zu verstärktem Engagement zu bewegen)
Das Aufkündigen von Arbeitsteilungen die das Paar zu Beginn der Beziehung gemeinsam beschlossen hat – ohne angemessenen Ausgleich für die wegen der Familienarbeit finanziell/beruflich benachteiligte Partnerin.
Die Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen und Kinder oder in besonders schlimmen Fällen die Täter-Opferumkehr.
Die Abwertung und Missachtung der Verzweiflung von Frauen durch abwertende Psychologisierungen ihrer Gefühle.
Als letzten Punkt möchte ich die Belastung der Frauen und Kinder durch sehr lange andauernde Verfahren erwähnen. Nicht selten dauern familienrechtliche Verfahren mehrere Jahre und sind sie abgeschlossen können sie durch einen Neuantrag, eine Anzeige jederzeit wiedereröffnet werden. Ich denke, dass diese jahrelangen auch juristisch geführten Konflikte, Mütter und ihre Kinder erschöpfen und zu großen psychischen Beschädigungen führen.
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