Dein Kind bekommt keinen oder kaum Unterhalt, obwohl der Kindesvater genug verdient oder besitzt? Der Staat springt nicht ein, damit Dein Kind eine finanzielle Lebensgrundlage hat? Damit bist Du nicht allein.
Die Hälfte der Kinder von Alleinerzieher*innen in Österreich bekommen keinen Kindesunterhalt von ihrem Vater. Die andere Hälfte, die Kindesunterhalt bezieht, bekam 2021 laut Statistik Austria im Schnitt nur 304 EUR pro Monat, damals etwa ein Drittel der Kinderkosten. Dabei lag das durchschnittliche Einkommen von männlichen Hauptverdienern 2021 jährlich bei 51.484 EUR. Das bedeutet, dass im Schnitt nur 7% des Einkommens an Unterhalt bezahlt wurde – das liegt weit unter der Hälfte bzw. bei älteren Kindern bei einem Drittel von dem, was Kinder laut Rechtsprechung bekommen sollten. Die gesamten Kinderkosten könnten also durchaus gedeckt werden. Du fragst Dich, wie das geht?
In Österreich gibt es kein eigenes Unterhaltsgesetz. Nur § 231 ABGB legt fest, dass überhaupt Geldunterhalt gezahlt werden muss. Weder die Höhe des regelmäßigen Kindesunterhalts noch ein Mindestunterhalt oder ein Sonderbedarf sind gesetzlich geregelt. Diese Gesetzeslücke hat es ermöglicht, dass Fragen über die Höhe des Kindesunterhalts ohne einen demokratischen Prozess durch einige wenige Höchstrichter*innen im Laufe der Jahrzehnte festgelegt wurden. Ein Fleckerlteppich an Einzelentscheidungen hat zum heutigen Unterhaltsrecht geführt, statt eine gesamtgesellschaftliche, demokratische Betrachtung. Einzelentscheidungen, die vor allem auf Betreiben zahlungsunwilliger Väter gefällt werden mussten, die die Mittel hatten, ihre Anliegen bis vor den Obersten Gerichtshof zu bringen.
Das Resultat: Fast die Hälfte der Kinder von Alleinerzieher*innen in Österreich leben in Armut oder Ausgrenzung – weil sie zu wenig Kindesunterhalt bekommen. Das ist finanzielle Gewalt, gestützt durch Institutionen!
Die Macht der Höchstrichter*innen hast sich besonders 2017 durch die Einführung des „unterhaltsrechtliche Betreuungsmodell“ gezeigt: https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/fuer-das-unterhaltsrechtliche-betreuungsmodell-muessen-die-betreuungsleistungen-und-die-bedarfsdeckenden-versorgungsleistungen-gleichwertig-sein-bei-unterschiedlichem-einkommen-der-eltern-besteht-ein/ .
Nachdem die Richter*innen des OGH zuvor das Wechselmodell auch gegen den Willen der Mutter, vorbei an einem demokratischen Prozess, zum Standard nach der Trennung für alle deklariert haben, haben sie auch am Kindesunterhalt gesägt.
Auf Betreiben von zahlungsunwilligen Väterrechtlern wurde eingeführt, dass der Kindesunterhalt in der Regel entfällt, meist schon, wenn der Kindesvater das Kind zumindest zu 40 Prozent betreut. Die Kosten für das Kind müssen dann allerdings geteilt werden, ein Türöffner für die Ausübung von Macht, Kontrolle und finanzieller Gewalt. Doch auch wenn der Vater das Kind 2 Tage pro Woche im Schnitt betreut, kann der Kindesunterhalt herabgesetzt werden – ohne dass sich der Vater an Kosten wie Kinderbetreuung, Skikursen oder Winterkleidung beteiligen muss. Ein grober Widerspruch zum Kindeswohl – denn das hauptbetreuende Elternteil, in der Regel die Mutter, muss weiterhin die gesamten Kosten tragen. Oft geht sich nicht einmal mehr ein eigenes Kinderzimmer aus, es leidet das Kind.
Obwohl es keinen Mindestunterhalt gibt, haben die Höchstrichter*innen eine Obergrenze für den Kindesunterhalt festgelegt. Diese Höchstgrenze liegt für 6-10-jährige Kinder sogar unter den durchschnittlichen Kinderkosten eines Haushalts mit mittlerem Einkommen. Auch in den anderen Altersklassen liegt die willkürlich festgelegte Höchstgrenze nur leicht über den durchschnittlichen Kinderkosten. Kinder dürfen also per Rechtsprechung nicht einmal Unterhalt in einer Höhe erhalten, die ihnen eine Teilhabe eines durchschnittlichen Haushalts ermöglicht. Der Grund: Offiziell, weil Richter*innen sich als Laien herausgenommen haben, ein pädagogisches Urteil zu fällen. Mehr Geld wäre pädagogisch schädlich – eine Behauptung ohne jegliche wissenschaftliche Basis. Unsere Meinung: Um die Geldbörserl wohlhabender Väter sollen zu schonen.
Der Oberste Gerichtshof sieht also kein Problem mit Kinderarmut, sehr wohl aber bei der Deckung der durchschnittlichen Kinderkosten oder mehr.
Unser Fazit: Das unterhaltsrechtliche Betreuungsmodell ist finanzielle Gewalt, das Patriarchat in Reinform, undemokratisch strukturell verankert durch den Staat. Unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und mit pseudopädagogischen Behauptungen treibt es Kinder und Frauen in Armut und Ausgrenzung.
Wir fordern
- Ein Unterhaltsgesetz (das fehlt in Österreich zur Gänze!), das Kinder und Mütter vor Armut schützt
- Kein finanzieller Anreiz für eine erhöhte Betreuung
- Die Abschaffung der „Luxusgrenze“ und ein Mindestunterhalt für alle Kinder – Mütter dürfen nicht gezwungen werden, die Care Arbeit UND die finanzielle Last allein zu tragen!

0 Kommentare